Literaturhaus
Dienstag, 09.05.2017
19.30 Uhr
Schwanenwik 38, Hamburg
Eintritt: 6 / 10 Euro
Preis der Literaturhäuser 2017: Da
ist dieser „junge Herr Zitterpappel“, er heißt Tim und macht eine Ausbildung
zum Koch. Seine Freundin Sandy ist genauso verloren in die Welt gestellt, wie
er. Doch immerhin haben sie ihre junge Liebe und einen großen Traum: Sie wollen
ans Meer. Fast so nüchtern, präzise und klar wie in einem Bericht erzählt
Terézia Mora in ihrem Erzählband Die
Liebe unter Aliens, erscheinen bei Luchterhand, davon, wie Sandy und Tim
sich kurz darauf verlieren, ja, selbst verloren gehen. Wie wir zusammen sind,
warum wir uns finden und wie wir uns verlieren, ist das Thema, das in allen
Geschichten des Erzählbandes aufscheint. Im Literaturhaus erhält Terézia Mora
den mit 15.000 Euro dotierten Preis der Literaturhäuser und liest aus ihrem
Erzählband. Sigrid Löffler hält die Laudatio und moderiert den Abend.
Schon mit
ihren 1999 erschienenen Erzählungen Seltsame
Materie wurde Terézia Mora als Star unter den jungen Autoren begrüßt und
erhielt den „Ingeborg-Bachmann-Preis“, hoch gelobt wurde sie auch für ihren
Roman Alle Tage, der u.a. mit dem
Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet wurde. Und auch ihr Roman Der einzige Mann auf dem Kontinent
(2009) wurde viel gelobt, mit das Das
Ungeheuer erhielt sie 2013 schließlich den Deutschen Buchpreis. Dass die
1971 im ungarischen Sopron geborene Schriftstellerin, die heute in Berlin lebt,
auch als eine der renommiertesten Übersetzerinnen aus dem Ungarischen gilt,
wird bei all den Preisen schon fast zur Randnotiz. Die neu erschienenen
Erzählungen Terézia Moras spielen in einer kalten Welt, in der es vor allem darauf
ankommt, durchzuhalten, so wie der Marathonmann in der sehr gelungenen
Auftakterzählung Fisch schwimmt, Vogel
fliegt.
Er ist
„nicht besonders, nur eben ausdauernd“. Und er läuft. Obwohl er schon 57 ist
und aussieht wie ein alter Mann, kann er eigentlich sehr viel schneller und
länger laufen als der Junge, der ihm eine Tasche mit seinem Geldbeutel und
seinen Papieren aus der Hand gerissen hat. Während dieses langen Laufs erfahren
wir von einem Leben, in dem es wenig Berührung mit anderen gegeben hat, was
zählt ist allein, „ob du auf-gibst oder aufgibst oder weiter weitermachst“. Am
Ende hat der Marathonmann den Dieb eingeholt und bekommt seinen Lohn. Er ist
verdient und ganz anders als erwartet.
Es sind
keine Außenseiter-Geschichten, die Terézia Mora erzählt: Da fühlt sich ein
Nachtportier heimlich zu seiner Halbschwester hingezogen, eine Unidozentin
flieht vor einer gescheiterten Beziehung und vor der Auseinandersetzung mit
sich selbst, und ein japanischer Professor verliebt sich in eine Göttin.
Gemeinsam ist den virtuosen Erzählungen, dass ihre Helden vom Unerwarteten
überrascht, mit der Fragilität des Daseins konfrontiert sind und dann damit
umgehen müssen. Und bei aller Verlorenheit, in der Terézia Mora ihre Figuren
findet, gibt sie ihnen doch auch den eigensinnigen Traum von einer besseren
Welt mit auf den Weg, in der die Suche nach Nähe sich erfüllt.
Die
Liebe unter Aliens von Terézia Mora ist bei Luchterhand erschienen.
(JK 05/17)
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