Dienstag 06.02.2018 19.00 Uhr
Klosterwall 23, Hamburg
Eintritt: 8 / 12
Euro
zu heimaten: Saša
Stanišić liest neue Texte.
Er flüchtete während des
Bosnienkrieges im Alter von 14 Jahren mit seinen Eltern nach Heidelberg, hat am
Deutschen Literaturinstitut in Leipzig studiert – und ist heute einer der
bekanntesten und auch international erfolgreichsten Schriftsteller der deutschen
Gegenwartsliteratur. Mit seinen Zürcher Poetikvorlesungen hat sich Saša
Stanišić nun auf die Fährte seiner Heimaten begeben, die ein zentraler
Begriff seiner Literatur sind.
„Heimat ist“, sage ich
(…), „wo man sich nichts vornehmen muss“, heißt es in einer der Erzählungen
seines zuletzt erschienenen Erzählbandes Fallensteller, in dem er auch
noch einmal nach Fürstenwerder zurückkehrt, jenes prototypische Dorf im
deutschen Osten, in dem sein als „Weltliteratur“ (Frankfurter Allgemeine
Zeitung) gefeierter Roman Vor dem Fest spielt. Es ist eine ziemlich
unaufgeregte Vorstellung von Heimat, und dennoch findet Stanišić immer wieder
ausgerechnet in der heimatschwangeren deutschen Provinz den Ausgangspunkt
seines Erzählens. Seine Hauptfiguren sind jedoch nur allzu oft Durchreisende
und Umherziehende, verwandt mit den Vögeln, die ständig durch seine Geschichten
flitzen: Sperlinge, Turteltauben, Kanarienvögel, Raben. Saša Stanišić ergänzt
den Sehnsuchtskanon aus Zugehörigkeit und Identitätsverlust, von dem die
Heimatdiskurse heute bestimmt werden, um einen verschmitzten, dissonanten
Grundton, der getragen wird von der Notwendigkeit, den Begriff der Heimat von
der Fixierung auf die Herkunft zu lösen und im Plural, in Heimaten
aufzulösen. Dass ihm dabei nur allzu oft der Schalk im Nacken sitzt und er sich
zudem von allem Möglichen ablenken und einholen lässt, gehört zum inneren
Prinzip seiner Literatur und ist eine besondere Freude für seine Leser und
Zuhörer.
(JK 02/18)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen