Literaturhaus
Mittwoch, 04.04.2018 19.30
Uhr
Montag, 07.05.2018 19.30 Uhr (Zusatztermin)
Schwanenwik 38, Hamburg
Eintritt: 8 / 12 Euro. Leider bereits ausverkauft.
Warten auf eine Nachricht: Johann Scheerer liest
aus seinem Buch Wir sind dann wohl die Angehörigen, das bei Piper erschienen
ist. Martin Doerry moderiert den Abend am 4. April, Rainer Moritz moderiert den
Abend am 5. Mai.
Es war einer der
spektakulärsten Kriminalfälle der letzten Jahrzehnte in Deutschland, und im
Frühjahr 1996 über Wochen Stadtgespräch in Hamburg – hinter vorgehaltener Hand
und obwohl kein Wort darüber in der Zeitung stand. Nach der Freilassung von Jan
Philipp Reemtsma war das Boulevard dann voll mit Berichten über die Entführung.
Die Deutungshoheit hat sich der Germanist und Gründer des Hamburger Instituts
für Sozialforschung mit seinem Buch Im Keller (1997) sehr schnell
zurückerobert. Sein Sohn, der Musiker und Produzent Johann Scheerer, erzählt „Die
Geschichte einer Entführung“ in seinem vielgelobten, so spannenden wie
berührenden Buch Wir sind dann wohl die Angehörigen nun aus der
Perspektive des damals 13-Jährigen.
Für Johann ist von Anfang
an klar, dass man seinen Vater ermorden würde. „Man wird entführt, dann zahlt
man, dann wird die Geisel ermordet“. Doch bis es soweit ist, muss er mit seiner
Mutter, Freunden und Polizisten, die das Haus belagern, für so viele Tage
ausharren, dass sie „in ihrer unvorstellbaren Langsamkeit unzählbar“ werden.
Sein Vater schickt ihm aus seinem Kellerverließ die Aufgabe, jeden Tag um 17.00
Uhr gleichzeitig mit ihm in der Chronik des 20. Jahrhunderts zu lesen
und Langweilig zu spielen, einen Song von Die Ärzte. Es sind Vorschläge,
die ins Leere laufen, die Langeweile wird nur von Momenten großer Angst und
Panik unterbrochen. Und als das Warten auf eine schlechte Nachricht dann doch
glücklich endet, mündet es in der Gewissheit, dass ihm und seinen Eltern „Unaussprechliches“
widerfahren ist, das nie wieder gut wird. Johann Scheerer hat dem 13-jährigen
Jungen, der die Entführung miterleben musste, nun eine Stimme gegeben, die klug
und ohne jede Larmoyanz berichtet, was geschehen ist. Das Trauma selbst lässt
sich nicht mehr ausräumen, aber „die rauschende, unfassbare Stille“ danach hat
einen anderen Klang.
Johann Scheerer, geboren
1982, gründete mit fünfzehn Jahren seine erste Band, nahm mit Score!
1999 sein erstes Album auf und ging auf Deutschlandtour. Nach dem Abitur bekam
er einen Plattenvertrag für sein Soloprojekt Karamel, gründete 2003 das
Tonstudio „Rekordbox“ und 2005 „Clouds Hill Recordings“. Mittlerweile konnte er
die einhundertste Veröffentlichung als Musiker und Produzent feiern, u.a. mit
Faust, Gallon Drunk, Bosnian Rainbows, Rocko Schamoni, James Johnston, Peter
Doherty und aktuell At the Drive-In. „It´s magic what this young German did to my songs.
He saved my life.” (Peter
Doherty // The Libertines, Babyshambles)
Wir sind dann wohl die Angehörigen von Johann Scheerer ist bei Piper erschienen.
(JK 04/18)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen