Nochtspeicher
Dienstag, 17.09.2019 19.00 Uhr
Am
Sandtorkai 36, Hamburg
Eintritt: 12 Euro
Harbour Front Literaturfestival: In vier
Salonabenden präsentieren jeweils zwei Autorinnen und Autoren ihre
literarischen Debüts und bewerben sich um den mit 10.000 Euro dotierten
Klaus-Michael Kühne Preis, der am 22. September verliehen wird. In der vierten
Leserunde stellt Carmen Buttjer ihren Roman Levi vor, erschienen bei Galiani
Berlin. Dana von Suffrin liest aus ihrem Debüt Otto, erschienen bei Kiepenheuer
& Witsch. Moderation: Stephan Lohr.
Levi hat auf der
Beerdigung seiner Mutter die Urne geklaut. Jetzt versteckt er sich auf einem
Hausdach mitten in Berlin. Zwar wohnt ein paar
Stockwerke unter seinem Lager immer noch sein Vater, aber von dem hat er noch
nie viel mitbekommen. Und nach der Sache mit der Urne kann er sich sowieso
nicht mehr blicken lassen. Tigerschatten springen zwischen den Dächern, sitzen
Levi im Nacken und streifen um die Urne – derselbe Tiger, der seine Mutter
getötet hat, davon ist Levi überzeugt, auch wenn er in letzter Zeit viel zu
schnell erwachsen werden musste und es eigentlich besser weiß. Im Kampf mit dem
Verlust sucht der Junge sich seine eigenen Verbündeten: Da ist der mysteriöse
Vincent, der mit ihm durch die Stadt fährt und im selben Haus wohnt, aber bis
auf ein paar zwielichtige Geschäfte kaum etwas von sich preisgibt. Und Kolja,
der Kioskbesitzer, für den Gedächtnisschwund noch immer die beste Art ist, sein
Leben zu bewältigen – ausgelöst durch jede Menge Whiskey. Aber die Erinnerungen
tauchen genauso hartnäckig aus der Vergangenheit auf wie Koljas Bilder aus
seiner Zeit als Kriegsfotograf, die er in einem Hinterzimmer seines Kiosks
immer noch entwickelt.
Carmen Buttjer, 1988
geboren, wuchs in Deutschland und Finnland auf. Sie studierte an der
Kunsthochschule Kassel. Carmen Buttjer lebt und schreibt in Berlin. Fuchsteufelsstill
machte den Anfang, ein autobiografischer Text, der 2017 unter offenem Pseudonym
beim Ullstein Verlag erschien. 2019 erschien ihr literarischer Debütroman Levi.
Kürzere Texte sind daneben jeden Monat in ihrer Kolumne auf Vogue Online zu
finden.
Levi von Carmen Buttjer
ist bei Galiani Berlin erschienen.
Zwei Schwestern – und ein
Vater, der mehr als genug ist für eine Familie. In ihrem Romandebüt erzählt
Dana von Suffrin, was es heißt, wenn ein starrköpfiger jüdischer
Familienpatriarch zum Pflegefall wird. Und wie schwer es fällt, von einem
Menschen Abschied zu nehmen, den man sein ganzes Leben eigentlich loswerden
wollte.
Für sein Umfeld war Otto,
der pensionierte Ingenieur, schon immer eine Heimsuchung. Aber als er aus dem
Krankenhaus zurückkehrt, ist alles noch viel schlimmer. Nach wie vor ist er
aufbrausend, manipulativ, distanzlos und von wahnwitzigen Einfällen beseelt –
aber jetzt ist er auch noch pflegebedürftig. Seinen erwachsenen Töchtern macht
er unmissverständlich klar: Ich verlange, dass ihr für mich da seid. Und zwar
immer! Für Timna und Babi beginnt ein Jahr voller unerwarteter
Herausforderungen, aber auch der Begegnung mit der eigenen Vergangenheit und
Familiengeschichte, die so schräg ist, dass Außenstehende nur den Kopf
schütteln können. Klug, liebevoll und mit sehr viel schwarzem Humor erzählt Dana
von Suffrin, wie Timna versucht, ihre dysfunktionale Familie zusammenzuhalten,
ohne selbst vor die Hunde zu gehen. »Otto« ist Hommage und zugleich eine
Abrechnung mit einem Mann, in dessen jüdischer Biografie sämtliche Abgründe des
20. Jahrhunderts aufscheinen.
Dana von Suffrin wurde
1985 in München geboren. Sie studierte Politikwissenschaft, Neuere und Neueste
Geschichte und Komparatistik in München, Neapel und Jerusalem. Seit 2009 ist
sie Museums- und Stadtführerin in München. 2017 Promotion mit einer Arbeit zur
Rolle von Wissenschaft und Ideologie im frühen Zionismus, seitdem Postdoc an
der LMU. Sie lebt in München.
Otto von Dana von
Suffrin ist bei Kiepenheuer & Witsch erschienen.
(JK 09/19)
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