Finnland – Ehrengast 2014 der
Frankfurter Buchmesse
Johanna
Holmströms bei Ullstein erschienener
Roman Asphaltengel ist klug, rebellisch und bei aller Dunkelheit
durchdrungen von zartem Humor.
„Manche
klammerten sich fest, und ihre Finger wurden von einem Fuß gebrochen, andere
schwangen sich freiwillig übers Geländer. Sie sprangen, um zu fliehen. Man
nannte sie Asphaltengel, aber es waren keine Engel, sondern nur gefallene
Mädchen, die sich selbst und ihre Sehnsucht zerbersten ließen. Sie waren schon
tot, bevor sie auf dem Boden aufschlugen. Sie selbst würde niemals springen.“
Leilas
finnische Mutter ist zum Islam konvertiert. Seitdem interessiert sie sich nur
noch für die korrekte Auslegung des Korans. Sogar Familienfotos sind verboten.
Leilas Vater kommt aus dem Maghreb und ist selbst Muslim – aber dieser
Fanatismus ist ihm viel zu anstrengend. Und ihre große Schwester Samira ist
längst vor dieser verrückten Familie geflohen. Alleine ist es schwer für Leila,
zu Hause den Verstand nicht zu verlieren. Dann wird Samira eines Tages schwer
verletzt am Fuß einer Treppe gefunden. Ist sie gefallen? Oder wurde sie
gestoßen? Leila versucht herauszufinden, was mit ihrer Schwester passiert ist.
Das Leben zwischen den Kulturen ist gefährlich, besonders für Mädchen. Aber
Leila weigert sich, Opfer zu sein.
Vor
diesem Hintergrund zeigt Holmström die sozialen und kulturellen Konflikte
unserer Zeit. Viele Literaturkritiker waren erstaunt über die präzise
Wiedergabe der Lebenswirklichkeit von Einwanderern und Menschen mit
Migrationshintergrund in den Vororten Helsinkis, die Holmström in ihrem Buch
beschreibt. Asphaltengel ist einer der beeindruckendsten und hinreißendsten
Romane seit langem.
Johanna Holmström wurde
1981 in Sibbo geboren. Sie gehört der schwedischsprachigen Minderheit in
Finnland an. Seit einigen Jahren lebt sie mit ihren zwei Töchtern in Helsinki.
Sie ist Journalistin und studiert arabische Literaturwissenschaft. Sie setzt
sich in ihren Werken oft mit schwierigen Themen auseinander. Problematische
Jugend, religiöser Extremismus und sogar Selbstverletzung werden tiefschürfend
und einfühlsam beschrieben. Für ihre Erzählungen erhielt sie unter anderem den
Literaturpreis des Svenska Dagbladet. Asphaltengel wurde von der
finnischen und schwedischen Presse hymnisch besprochen.
Asphaltengel von Johanna
Holmström ist bei Ullstein erschienen.
(JK 10/14)
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