Frankreich
Krimis sind en vogue und lassen Pseudonyme sprießen. Doch wer steckt hinter den Geschichten um
kulinarische Morde und tödliche Liebesdramen?
Als Hort des Weines, als Mekka der Küche und als Ferienparadies
kennt man Frankreich. Aber auch als Schauplatz von Krimis wird das Land immer
häufiger gewählt – und das von französischen Autoren, deutschen und Autoren mit
Pseudonym.
Beliebt bei allen Krimifans ist bereits der Kommissar Dupin.
Vielleicht auch ein wenig deswegen, weil über die wahre Identität der Autors Jean-Luc
Bannalec viel spekuliert wird. In Bretonisches
Gold, erschienen bei Kiepenheuer & Witsch, dem nun dritten Fall,
verschlägt es Dupin in die Salzgärten der Halbinsel Guérande, auf der das
weltberühmte Fleur de Sel gewonnen wird. Als Dupin dort auftaucht, wird auf ihn
plötzlich geschossen! Gemeinsam mit der örtlichen Kommissarin Rose beginnt er
mit den Ermittlungen. Das ungleiche Paar hält das Romangeschehen in Schwung;
neben der Lösung des durchaus komplexen Falls erfährt der Leser viel
Wissenswertes über die Guérande und die Salzgewinnung, über bretonische
Eigenheiten und Legenden. Bretonisches Gold
liest man mit demselben Genuss, mit dem Dupin seine Seezunge „in gesalzener
Butter goldbraun gebraten“ verspeist.


Ein Krimidebüt liefert Christine Cazon, eine unter
Pseudonym schreibende deutsche Autorin, die in Cannes lebt. Beim Filmfestival
wird der berühmte Dokumentarfilmer Serge Thibaut während der Premiere seines
jüngsten Werks erschossen. Kommissar Duval, aus Paris in den Süden versetzt,
nimmt die Ermittlung auf. Die Schönen, Reichen, die Stars und Starlets treten
in Mörderische Côte d’Azur,
erschienen bei Kiepenheuer & Witsch, auf und Cazon bedient so manches
bekannte Klischee, doch Handlungsidee und Plot sorgen für neue Spannung.

Im idyllischen Städtchen Saint-Denis, Teil des
Périgord, lebt, liebt, kocht, trinkt und ermittelt der Chef de Police Bruno. Leser
der Krimis des Schotten Martin Walker wissen das. In Reiner Wein, erschienen bei Diogenes, dem nun schon sechsten Fall,
gilt der Spruch „In Vino Veritas“. Nur ist die Wahrheit schmutzig, hat mit
Kunstraub, Morden im Homosexuellen-Milieu und mit Machenschaften der Résistance
zu tun. Gut, dass Bruno so manchen guten Tropfen und so manches schmackhafte Rezept
dem düsteren Treiben entgegenhält.

In Perpignan und Umgebung, Roussillon genannt, kann
es sehr heiß sein. Es kann aber auch heiß hergehen. Das muss sich der alternde
Inspecteur Gilles Sebag eingestehen. Da wird auf einem Campingplatz eine Leiche
gefunden: Eine holländische Touristin ist auf brutalste Weise ermordet worden
Aber dabei bleibt es nicht. Ein Taxifahrer namens Lopez verschwindet, und es
meldet sich ein Elternpaar, das befürchtet, der Tochter Ingrid sei etwas zugestoßen.
Sebag ist bald klar, dass alle drei Fälle miteinander zu tun haben. Dem
französischen Autor Philippe Georget ist mit Dreimal schwarzer Kater. Ein Roussillon-Krimi, erschienen bei
Ullstein ein stimmungsreiches Buch gelungen: Kriminalistischer Feinsinn und
südfranzösisches Flair verbinden sich gekonnt. Die einzelnen Figuren sind
lebendig geschildert. Das betrifft besonders Inspecteur Sebag und die
Darstellung seines Berufs- und Familienlebens.

Normalerweise werden die Kommissare aus der Hauptstadt
in die Provinz geschickt, bei Alexis Ragougneau ist alles anders: Sein „Flic“
ist in Wahrheit ein Priester, der in den Sommermonaten nach Paris kommt, um den
Pfarrer von Notre-Dame zu vertreten. Und genau in dieser berühmten Kathedrale
geschieht ein Mord. Ein Geistlicher als Fahnder? Warum nicht – „Der Ermittler
ist für die Kripo, was der Priester für die Kirche ist: Er sucht nach Wahrheit
und Gerechtigkeit. Ais diesem Grund ist Pater Kern entstanden“, erklärt Alexis
Ragougneau, der bislang Theaterstücke geschrieben hat. Sein Krimi Die Madonna von Notre-Dame. Ein Fall für
Pater Kern, erschienen bei List, lebt von ausgefeilten Dialogen und gelungenen
Beschreibungen der handelnden Personen. Sein kleiner, kränklicher und zugleich
sehr menschlicher Pater ist Sympathieträger. Weitere Fälle für Pater Kern hat
der französische Autor schon angedacht, Der Franzosenkrimi ist also nicht mehr
wegzudenken. Vive la France! Vive l polar!
(Der Beitrag erschien zuerst in
Börsenblatt 24/2014 von Andreas Trojan)
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