Der Automobilclub von Kairo ist der neue Roman vom wichtigsten Autor Ägyptens
Alaa Al-Aswani und ist bei S. Fischer erschienen.
Ende der 1940er Jahre
herrschen im Automobilclub von Kairo unter den surrenden Ventilatoren
Extravaganz und Dekadenz: Paschas, Monarchen und Diplomaten gehen ein und aus.
Auch der König zählt zu den Stammgästen, er kommt regelmäßig zum Pokerspielen
und sucht die schönsten Frauen für die Nacht. Den Reichen zu Diensten steht
eine Armada von schlechtbezahlten, schikanierten Dienern, Kellnern und Köchen –
bis sie den Aufstand proben...
In den Tagen bevor der
ägyptische Präsident Hosni Mubarak m Februar 2011aus dem Amt gejagt wurde, war
Alaa Al-Aswani Gründungsmitglied der demokratischen Bewegung Kefaya („Genug“) und
einer der einflussreichsten Stimmen der Frühlingsrevolution. Seitdem hat
Ägypten die militärische Niederwerfung des ersten demokratisch gewählten Führers
erlebt, die Tötung der muslimischen Anhänger des gestürzten Präsidenten und den
Aufstieg des neuen Regimes unter Abdel Fatah al-Sisi, von dem Aswani behauptet,
dass es die Meinungsfreiheit auf den Tiefpunkt gebracht hat, es geht dem Land schlechter
als unter der Regierung Mubaraks. Mittlerweile hat es Aswanis Kritik bis in die
Schlagzeilen der Nachrichtenmedien gebracht. Am 11. Dezember 2015 wurde er
durch die Behörden gezwungen, eines seiner regelmäßigen öffentlichen Seminare
zu schließen, während seine politischen Kommentarrubriken und Auftritte in den
Medien ausgesetzt wurden. All dies bedeutet, dass die Übersetzung von Aswanis
jüngsten Romans kaum dringlicher sein könnte, nicht zuletzt, weil er wieder
einmal die jüngsten Entwicklungen in Ägypten als Beispiel nimmt, um ein Land zu
illustrieren am Vorabend einer gewaltsamen, irreversiblen Veränderung. In
seinem Roman Der Automobilclub von Kairo erzählt Alaa al-Aswani von
Herrschaft und Diktatur und lässt einen Mikrokosmos lebendig werden, der für
die Zerrissenheit eines ganzen Landes, seiner Heimat Ägypten, steht. Es gibt
viele Parallelen zu seinem Bestseller Der Jakubijân-Bau aus dem Jahr
2007. Doch der neue Roman scheint diesem Antrieb beraubt zu sein, diesem etwas
skurrilen Hauch von Skandal, der das Haus Jakubijân durchströmt und so lebendig
macht. Ein Grund dafür ist möglicherweise die seltsame Abfolge von Fehlstarts.
Aswani schwelgt in einem neugierigen metafiktiven Vorspiel, in dem ein
bekannter ägyptischer Romancier von einigen seiner eigenen Charaktere Besuch erhält,
die ihn drängen, das Buch abzubrechen und wieder neu zu beginnen. Es folgt dann
ohne ersichtlichen Grund eine Reihe von Kapiteln zu Karl Benz über die die
Entwicklung des Motorwagens im späten 19. Jahrhundert in Deutschland. Aswanis
neuer Roman bleibt damit etwas zahnlos, doch erzählt er nach wie vor aus dem
prallen Leben mit vielen unterschiedlichen Figuren und bildet damit ein
Kaleidoskop der ägyptischen Gesellschaft und ist gesehen zu dem aktuellen
Hintergrund in Ägypten definitiv eine Bereicherung.
Alaa Al-Aswani, geboren
1957, ist einer der bedeutendsten Autoren Ägyptens. Er ist in Kairo als
Schriftsteller, Journalist und Zahnarzt tätig. Sein literarisches Debüt Der
Jakubijân-Bau zählt zu den meistbeachteten Romanen der arabischen Literatur
und wurde zu einem internationalen Bestseller. Mit seinen literarischen und
journalistischen Texten, u.a. für die New York Times, engagiert er sich für ein
freies, demokratisches Ägypten. Sein Werk wurde mit zahlreichen Preisen
ausgezeichnet.
Der Automobilclub von Kairo von Alaa Al-Aswani ist bei S.
Fischer erschienen.
(JK 01/16)
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