Antonio Ortuño: Madrid, Mexiko (Kunstmann)

In der spannenden, episodenreichen Familiengeschichte der Almansas erzählt der mexikanische Autor Antonio Ortuño in seinem bei Kunstmann erschienenen Roman Madrid, Mexiko  mit klarer, präzise Sprache davon, was es heißt zu emigrieren, und von den historischen Dimensionen, die die Menschen zur Flucht drängen.

Madrid, 1923: Yago Almansa und sein Freund Benjamín verbringen ihre Nachmittage bei Ramón, einem alten Anarchisten. Weniger wegen der Politik, sondern mehr wegen María, Ramóns bildschöner Enkelin. Später, im Spanischen Bürgerkrieg, kämpfen sie, Yago bei den Anarchisten, Benjamín bei den Kommunisten. So werden sie Feinde, und als María sich für Yago entscheidet, Todfeinde. Beide fliehen, als die Lage für die Gegner Francos immer schwieriger wird. Während der eine hofft, in Mexiko eine neue Heimat für seine Familie zu finden, hofft der andere, dort seinen Widersacher endgültig zu erledigen.

Mexiko, 1997: Yagos Enkel, der neunzehnjährige Omar Almansa hat ein Verhältnis mit seiner Chefin Catalina. Sie ist wesentlich älter und eigentlich mit Mariachito, dem korrupten Boss der Eisenbahnergewerkschaft, liiert. Als dieser die beiden eines Tages in flagranti erwischt, endet die Geschichte für Catalina und Mariachito tödlich, doch Omar kann entkommen. Auf der Flucht vor der Polizei und dem brutalen Handlanger Mariachitos sieht er nur einen Ausweg: Madrid.

Antonio Ortuños Roman ist eine Bestandsaufnahme der gesellschaftlichen Lage Mexikos und zieht in seinem Roman Parallelen zur zerrütteten Gesellschaft Spaniens vor und während des Bürgerkriegs. Gewalt, Korruption, Migration sind die bedrückenden Themen, die der Autor jedoch immer wieder mit Humor und Hintersinn begleitet. Doch seine Sprache ist kompromisslos und der Roman ein Genremix aus Thriller, Abenteuer- und Generationenroman. Die Geschichte wird mit viel Tempo auf gerade mal 200 Seiten erzählt und es sind weniger die Figuren als die Atmosphäre, auf die der Autor Wert legt. So hält er auch nicht mit kompromissloser Gewaltdarstellung hinter dem Berg, was den Roman umso realistischer macht. 

Antonio Ortuño wurde 1976 in Guadalajara geboren. Sein Debütroman wurde von der Zeitung Reforma zum besten mexikanischen Roman 2006 gewählt, 2010 kürte ihn das Magazin Granta zu einem der besten jungen spanischsprachigen Autoren der Gegenwart. 

Madrid, Mexiko von Antonio Ortuño ist bei Kunstmann erschienen. 
(JK 04/17)

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