Tijam Sila: Tierchen Unlimited (Kiepenheuer & Witsch)

Irreparabel unglücklich und extrem gut gelaunt: Tijan Sila erzählt in seinem turbulenten Debütroman Tierchen unlimited, der bei Kiepenheuer & Witsch erschienen ist, von einem Jungen im bosnischen Bürgerkrieg, seiner Flucht nach Deutschland und seinem Leben unter deutschen Neonazis. Und von den Tücken der Erinnerung.

Sarajevo in den Neunzigern: Die Stadt steht unter Beschuss. Wie erlebt ein Kind den Krieg? Das Comictauschen wird durch Granatenhagel erschwert, der Strom zum Computerspielen ist ständig knapp, und die amerikanischen Soldaten lassen sich nur mit gestohlenen Sex-Heftchen zum Basketballspielen überreden. Oft gefährlich, aber vor allem aufregend und niemals langweilig. Der junge Ich-Erzähler möchte bleiben, aber seine Eltern halten es nicht mehr aus und hoffen auf einen Neuanfang in Deutschland. Nach einer verstörenden Flucht in einem Autobus erreicht der Junge mit seiner Familie Rheinland-Pfalz. Seine neuen Freunde sind Neonazis oder wollen zur Polizei, oder beides. Auch seine Schulfreundin Sarah, mit der er zusammen Gewichte stemmt und erste erotische Erfahrungen sammelt, begegnet ihm Jahre später als Polizistin wieder. Als ein Neonazi ihn bei einem Liebesabenteuer nachts aus dem Bett prügelt, nimmt sie für ihn Rache, und weckt dadurch Gespenster seiner traumatischen Vergangenheit.

Schnörkellos und direkt ist die Sprache des Autors Tijam Sila und mischt in die Handlung grosszügig Slapstick und Komik. Er nimmt damit die Schwere und Tragik der hinterliegenden Geschichte. Er lässt nicht zu, dass sie Oberhand behalten. Es ist gleichzeitig ein mutiges Buch, weil er beinahe im Plauderton vom Krieg und auch von der Liebe erzählt. 

Tijan Sila kam 1981 in Sarajevo zur Welt und emigrierte 1994 mit seiner Familie nach Deutschland. Er studierte Germanistik und Anglistik in Heidelberg. Heute lebt er in Kaiserslautern, wo er als Lehrer an einer Berufsschule arbeitet. Tierchen unlimited ist sein erster Roman.

Tierchen Unlimited von Tijam Sila ist bei Kiepenheuer & Witsch erschienen. 
(JK 02/17)

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