Sonntagsmatinée: Mirko Bonné im Heine-Haus am Sonntag, 6. Mai

Heine-Haus
Sonntag, 06.05.2018  11.30 Uhr
Elbchaussee 31, Hamburg
Eintritt: 10 Euro. Anmeldungen unter info@heine-haus-hamburg.de

Sonntagsmatinée: Mirko Bonné stellt sein Buch Lichter als der Tag vor, das bei Schöffling erschienen ist.

Der Lyriker, Romancier und Übersetzer Mirko Bonné spielt seit vielen Jahren in der ersten Liga der deutschen Gegenwartsliteratur, schon seine Romane Wie wir verschwinden (2009) und Nie mehr Nacht (2013) waren für den Deutschen Buchpreis nominiert. Auch sein ziemlich genial konstruierter Roman Lichter als der Tag wurde gleich bei seinem Erscheinen vom NDR zum besten Buch des Monats gekürt, stand auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis, und er beschert mit seinen immer neuen Wendungen ein atemloses Leseerlebnis.

Als Raimund Merz an einem Montagmorgen im September seine jüngere Tochter Linda für eine Klassenreise zum Hauptbahnhof bringt, ahnt er noch nicht, was ihn erwartet. Und auch Linda ahnt nicht, dass es ein Abschied aus Hamburg und sogar aus Deutschland für längere Zeit sein wird. Da ist dieses Leuchten unter dem Stahl- und Glasdach des Hauptbahnhofs, das Merz schon seit er ein Junge ist so sehr liebt und später dann auch in Bildern findet. Ganz unerwartet taucht an diesem Morgen jedoch Inger auf, die er seit vierzehn Jahren nicht mehr gesehen hat. Er versucht, sich davonzuschleichen, ohne mit ihr zu sprechen. Kurz darauf gerät er in der Wandelhalle in einen Flashmob, bei dem sich nur noch jene bewegen, die nicht mitspielen: Merz bewegt sich, Inger ist mit ihrer Tochter unter jenen, die da stillstehen. „Schatten, Staub und Wind“ steht auf einem Transparent, das von Schülern schließlich entrollt wird. Das Zitat stammt aus dem Sonett Es ist alles eitel von Andreas Gryphius, in dem es auch heißt: „Was jetzt noch prächtig blüht, soll bald zertreten werden“. Für Merz und die Leser dieses so facetten- und anspielungsreichen Romans wird das zum destruktiven Programm des Romans, denn Merz kann durch die unschuldige und unverhoffte Begegnung die Frage nicht länger verdrängen: „Hätte er mit Inger glücklicher werden können?“ In der Folge bricht sein Lebensgebäude mit gewaltigem Furor krachend in sich zusammen. Zu den großen Qualitäten von Bonnés Roman gehört es, dass sein wahlverwandtes Figurenensemble so ganz und gar nicht unschuldig ist. Zum Sympathieträger taugen weder der misstrauische Raimund Merz noch seine ehrgeizige Frau Floriane oder sein Kinder- und Jugendfreund Moritz Rauch, der Mann von Inger. Sie betrügen sich skrupellos, sind hadernd Betrogene und haben allesamt ihre Abgründe mit im Lebensgepäck, ob es ein gefälschtes Diplom ist oder der Verkauf des Elternhauses ausgerechnet an den verhassten Mann, der die eigene Familie ruiniert hat.

Zur Stolperfalle wird den Paaren, dass die konkurrierenden Damen in ihrem Ehrgeiz nicht den richtigen Mann heiraten. Doch über alle Volten des Romans, über Stationen in Stuttgart und Lyon, einen ausgebufften Kunstraub und eine leuchtende Wiederbegegnung hinweg, triumphiert am Ende dann die selbstverständliche Nähe und Innigkeit einer wundervollen Liebe. Glaubhaft wird das nur durch den Parcours aus Abgründen, diesen Malstrom aus Finsternissen, durch den Bonné seine Figuren zuvor geschickt hat. „Die Erinnerungen sind wie das Licht, sie hören nicht auf“, lautet das hoffnungsfrohe Resümee dieser vertrackten Geschichte, über die man nach all der Aufregung dann auch einmal laut und befreiend lachen darf: Happy End.

Lichter als der Tag von Mirko Bonné ist bei Schöffling erschienen.

(JK 05/18)

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