Jean-Marie Gustave Le Clézio: Alma (Kiepenheuer & Witsch)

Der neue Roman Alma von Jean-Marie Gustave Le Clézio ist eine Liebeserklärung an die Insel Mauritius.

In seinem neuen Roman erzählt Nobelpreisträger Jean-Marie Gustave Le Clézio die Geschichte eines Wissenschaftlers, der nach Mauritius kommt, um nach Spuren des ausgestorbenen Dodos zu suchen und der stattdessen die Geschichte seiner Familie und seinen eigenen Platz in dieser Geschichte findet. Mauritius – eine Perle im Indischen Ozean. Als Jéremy Felsen dort ankommt, weiß er nur, dass seine Familie dort jahrhundertelang auf der Plantage Alma erst Tabak, dann Zuckerrohr angebaut hat. Doch all das ist lange her, die Plantage existiert nicht mehr. Die Moderne hat Einzug gehalten, mit Flugverkehr, Touristen, Supermärkten. Zwar findet Jéremy, der zuvor noch nie auf der Insel war, nicht das, was er eigentlich suchen wollte, nämlich Spuren des ausgestorbenen Vogels Dodo, dafür aber gibt es überall Spuren seiner Familie, auf die er in vielen Gesprächen mit Inselbewohnern und bei ausgedehnten Streifzügen stößt. Und es gibt Dominique – genannt Dodo – Felsen, der auf der Insel geboren wurde und der parallel zu Jéremy seine Geschichte erzählt. Eine Geschichte von Krankheit und Kolonialismus, aber auch von Neugier und Lebensfreude. Für Jéremy führt der Aufenthalt auf Mauritius zu der Erkenntnis, dass, auch wenn er nicht dort lebt, seine Herkunft immer ein Teil von ihm sein wird, dass er Alma und die Insel in seiner Seele und seinem Herzen trägt.

Geschickt verwebt Le Clézio die Geschichten seiner beiden Figuren zu einem eindringlichen Roman über Kolonialismus und Moderne, über Natur und Kultur und zu einer Hommage an die Schönheit und Einzigartigkeit der Insel Mauritius. Le Clézios Roman ist Literatur höchster Klasse, die Sprache im Roman ist aber nicht frei von romantisierendem Kitsch, der bisweilen geschrieben scheint von einem alten Herrn aus der Distanz. Es wird viel von den Mythen der Tropeninsel transportiert, weniger gibt es ein klares Bild, wie es in der maurizischen Gesellschaft aussieht. Daran mögen sich manche Geister scheiden. Eins steht aber auch in diesem Roman fest, Le Clézo bleibt sich treu, er besitzt die hohe Kunst des Erzählens und das begeistert immer wieder aufs Neue.

Jean-Marie Gustave Le Clézio, 1940 in Nizza geboren, studierte in Frankreich und England Literatur. Die Wurzeln seiner Familie liegen in der Bretagne und auf Mauritius. Er veröffentlichte über 40 Bücher – Romane, Erzählungen, Essays – und erhielt für sein Werk zahlreiche Preise. 2008 wurde er mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet. Le Clézio lebt hauptsächlich in Frankreich und New Mexico.

Alma von Jean-Marie Gustave Le Clézio ist bei Kiepenheuer & Witsch erschienen.
(JK 06/20)

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