Nuruddin Farah: Netze (Suhrkamp)

Nuruddin Farahs neues Buch Netze, erschienen bei Suhrkamp, ist ein bestürzendes und zugleich hoffnungsvolles Buch mit einer unvergesslichen Hauptfigur, deren persönliche Reise in die Vergangenheit ein Zeichen für eine bessere Zukunft setzt.

Cambara, eine willensstarke Frau, beschließt, aus ihrer Wahlheimat Toronto in ihr Geburtsland Somalia zurückzukehren. Ihr geliebter Sohn ist durch die Unachtsamkeit ihres Mannes ums Leben gekommen, doch die Reise ist nicht nur eine Flucht: Cambara will das alte Anwesen ihrer Familie den Händen eines Warlords entreißen. Das Mogadischu, in das sie kommt, ist schwer gezeichnet vom Bürgerkrieg: Jugendliche mit automatischen Waffen patrouillieren die Straßen, Clan-Rivalitäten, Langeweile und das allgegenwärtige Kaat haben die einstmals lebendige Stadt im Griff, islamistische Gruppen nutzen die Lähmung, um Einfluss zu gewinnen. Doch nach und nach gelingt es Cambara, Verbündete zu gewinnen – Heldinnen der Vernunft in einer Welt der Zerstörung.

Nuruddin Farah berichtet unablässig aus seiner Heimat Somalia, in die er immer wieder reist, so auch in seinem neuen Buch Netze. Der Held ist eine starke Frau, die sich von katastrophalen Umständen nicht unterkriegen lässt – sei es der Tod ihres Sohnes oder die Rückkehr in eine von Brutalität und Chaos entfesselte Heimat. Er setzt seine Hoffnungen auf die Kraft der Frauen, was ihn in seiner archaischen patriarchalisch-islamisch geprägten Heimat zu einem Paria werden lässt. Nuruddin Farahs Roman über die Realitäten eines zerfallenen Staats beeindruckt, die allgegenwärtige Hitze unterstreicht das Fieber, das in diesem großartigen Buch herrscht.

Nuruddin Farah wurde 1945 im südsomalischen Baidoa als viertes von zehn Kindern geboren. Seine Mutter war eine traditionelle Erzählerin, so wie es die beiden Urgroßväter waren, sein Vater Dolmetscher des britischen Gouverneurs. Er studierte Philosophie, Soziologie und Literatur in Indien und kehrt 1969 nach Somalia zurück. 1970 veröffentlichte Farah seinen ersten Roman. 1974 geht er nach London, um am Theater zu arbeiten. 1980 erhält er den English-Speaking Literary Award. Nach Zwischenstationen in Bayreuth, Nigeria, Gambia, Uganda und Sudan zieht Nuruddin Farah 1999 nach Kapstadt, wo er bis heute wohnt.

Netze von Nuruddin Farah ist bei Suhrkamp erschienen.
(JK 12/09)

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