
Einen Roman passend zur Fußball-WM dieses Jahr hat der argentinische Autor Eduard Sacheri mit seinem Buch Warten auf Perlassi geschrieben, das im Berlin Verlag erschienen ist.
Perlassi, einst gefeierter Fußballspieler, ist seit dem Abstieg seiner Mannschaft in Vergessenheit geraten. Nur für Aráoz ist er noch nach dreißig Jahren ein großer Held. Und so sucht er, als ihm sein eigenes Leben zu entgleiten droht, nach Perlassi und nach Antworten.
Vom Bahnhof sind es noch sechs oder sieben Kilometer bis O’Connor, einem kleinen Dorf, das seit den neunziger Jahren von der Landkarte Argentiniens verschwunden ist. Aráoz steigt als Einziger aus dem Zug, sieht sich verloren um. Der Bahnhofsvorsteher nimmt ihn in seinem Wagen mit zur alten Tankstelle, die auch Zimmer vermietet. Es ist die Tankstelle von Perlassi, seinem Fußballidol aus Kindertagen. Von ihm will Aráoz erfahren, was damals wirklich passiert ist, als Perlassis Mannschaft ein entscheidendes Match verlor und damit den Anfang ihres schmählichen Abstiegs einläutete – ein Abstieg, der in Aráoz’ Erinnerung eng mit dem Fortgang des Vaters verknüpft ist. Doch statt seines Idols steht ein alter Mann an der Zapfsäule: Perlassi sei für ein paar Tage unterwegs, seine Rückkehr ungewiss. Aráoz lässt sich nicht abweisen, zu Hause erwarten ihn nur eine leere Wohnung und zu viele Gedanken. Während er in der schäbigen Pension ausharrt, kommt er der Wahrheit ein gutes Stück näher und lernt, sich mit der schlimmsten aller Niederlagen auszusöhnen.
Sacheris Buch beschreibt den Prozess der Identitätsfindung und der Suche nach dem eigenen Platz im Leben. Was zuerst nach einer Geschichte über das Schicksal eines Fußballspielers aussieht, wird immer mehr zur Geschichte des Suchenden. Und so erfährt der Leser immer mehr über Aráoz’ Leben und die Geschichte gerät zu Aráoz’ Auseinandersetzung mit seiner eigenen Vergangenheit und den Gründe, warum Aráoz an jenem Punkt in seinem Leben angelangt ist.
Nach seinem Fußball-Buch Die Hand Gottes und andere Tangos bemüht Sacheri wieder den Fußball, um in die Psyche seines Helden einzutauchen. In Argentinien macht dies in der Tat Sinn, denn es gibt kaum etwas prägenderes für den argentinischen Alltag als den Fußball. So liebevoll und leichtfüßig Maradona den Ball behandeln kann, so behandelt Sacheri die Buchstaben und seine Geschichte.
Eduardo Sacheri wurde 1967 in Buenos Aires geboren. Er ist Professor für Geschichte und unterrichtet an Universitäten und Gymnasien. Mitte der 1990er Jahre las der Radiomoderator Alejandro Apo drei Erzählungen des bis dato unbekannten Autors in seiner Sendung „Todo con afecto“ vor. Das Publikum fragte begeistert, wo es diese und andere Geschichten nachlesen könne. So erschien im Jahr 2000 der Erzählungsband Esperándolo a Tito, von dem bis heute mehr als 30 000 Exemplare verkauft wurden. Es folgten zwei weitere Erzählbände und zwei Romane. Für die Verfilmung des Romans La pregunta de sus ojos wurde Regissuer Juan José Campanella im März 2010 mit dem Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film ausgezeichnet.
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