Ingrid Noll: Ehrenwort (Diogenes)

Ingrid Noll zeigt in ihrer bitterbösen Komödie Ehrenwort, die bei Diogenes erschienen ist, dass es ebenso wenig heile wie heilige Familien gibt. Sehr wohl aber schöne Momente in der menschlichen Begegnung – egal, in welchem Alter.

Drei Generationen unter einem Dach: Student Max, die Buchhändlerin Petra, Ingenieur Harald und Willy Knobel, hoch betagt. Trautes Heim, Glück allein? Ein halsbrecherischer Sturz bringt den fast 90-jährigen Willy Knobel ins Krankenhaus. Die Prognosen stehen schlecht, die Ärzte rechnen mit ein paar wenigen Wochen. Trotz der lauten Proteste seines Sohnes Harald setzt dessen Frau Petra es durch, dass der Alte bei ihnen zu Hause gepflegt wird. Lange würde es ja nicht mehr dauern. Dass Max mit seiner Vanille-Pudding-Kur es schaffen würde, den Großvater wieder auf Vordermann zu bringen, hätte keiner gedacht. Je besser sich der Umsorgte fühlt, desto mehr beginnt das Leben von Harald und Petra aus den Fugen zu geraten. Während sich die beiden den Kopf darüber zerbrechen, wie sie den Störenfried ohne Aufsehen loswerden, bandelt Max mit der Pflegerin Jenny an. Doch die hat ein dunkles Geheimnis.

Zwischen Maxiwindeln und mörderischer Eisenstange spielt diese bitterböse Kriminalkomödie. Ingrid Noll erzählt von einer Familie, die das Altern anpackt – allerdings auf unkonventionelle Art. Ingrid Noll siedelt immer wieder ihre ungewöhnlichen amüsanten Plots in harmonischer Umgebung an, in der man Bösewichte gar nicht vermutet. Auch ihr neuer Roman Ehrenwort reiht sich hier ein und verspricht köstliche Unterhaltung.

Ingrid Noll wurde 1935 in Shanghai geboren und studierte in Bonn Germanistik und Kunstgeschichte. Sie ist dreifache Mutter und Großmutter. Nachdem die Kinder das Haus verlassen hatten, begann sie Kriminalgeschichten zu schreiben, die allesamt sofort zu Bestsellern wurden. Die Häupter meiner Lieben wurde mit dem Glauser-Preis ausgezeichnet und, wie andere ihrer Romane, auch erfolgreich verfilmt. Was das Thema Pflege anbelangt, spricht Ingrid Noll aus Erfahrung: Ihre eigene Mutter wurde 106 Jahre – ohne je ein Altersheim zu betreten.

Ehrenwort von Ingrid Noll ist bei Diogenes erschienen.
(JK 10/10)

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