
Kampnagel K6
Montag, 28.03.2011 20.00 Uhr
Jarrestraße 20, 22303 Hamburg
Eintritt: 12 – 16 Euro
Orhan Pamuk liest aus seinem Roman Cevdet und seine Söhne, der bei Hanser erschienen ist. Recai Hallaç liest den deutschen Text, Hubert Spiegel moderiert
„Glück heißt für mich, dass man sich im Schoß einer unbekümmert lärmenden und lachenden Familie wärmen darf, aber dabei auch wieder genug Ungeduld und sogar Wut entwickelt, um danach im stillen Kämmerchen mit Pinsel oder Stift seine eigene Welt zu kreieren.”
Glück heißt für die Leser von Orhan Pamuk, dass sein Debütroman Cevdet und seine Söhne endlich im Hanser Verlag in der opulenten Übersetzung von Gerhard Meier vorliegt. Zwischen 1974 und 1978 entwarf der junge Autor die Geschichte vom ehrgeizigen Istanbuler Lampenhändler Cevdet Isikci, der sich in der Sommerhitze ins wohlhabende Viertel Nisantasi aufmacht, um seine Verlobte Nigan zubesuchen – die er erst zwei Mal zu Gesicht bekommen hat. Die Hochzeit mit der Tochter aus gutem Hause soll dem aufstrebenden Geschäftsmann seinen Platz in der Istanbuler Gesellschaft sichern: „Er fühlte sich von einem unsichtbaren Panzer umgeben, der ihn unangreifbar machte.” Auf sein Ladenschild pinselt der vorausschauende Unternehmer „Cevdet und Söhne” – obwohl an Nachwuchs vorerst noch nicht zudenken ist. Später hat sich zu den Söhnen Osman und Refik auch Tochter Ayse gesellt. Und auch in Istanbul ist nichts mehr wie es war. Der Roman erzählt die Familiensaga vor dem Hintergrund des politischen Umbruchs: Aus dem Osmanischen Reich entsteht die Türkei, in der die Entscheidungen in Ankara und nicht mehr in Istanbul gefällt werden. Nicht nur Cevdets Familie sucht nach ihrem Platz im neuen Nationalstaat.
Wie alle Romane des Nobelpreisträgers von 2006 kündet auch Cevdet und seine Söhne von Orhan Pamuks Faszination von der Stadt am Goldenen Horn, von ihrer wechselvollen Geschichte, ihren stolzen Tagen und ihrem Niedergang. Pamuks Debüt mit seinen eindrücklichen Charakteren fügt sich glanzvoll in die Tradition der großen europäischen Familienromane ein. Bereits im Text des Mittzwanzigers entfaltet sich die Größe eines Dichters von Weltformat: „Die Türkei braucht einen Erzähler wie Orhan Pamuk – aber den brauchen ja längst Leser auf der ganzen Welt”, urteilt die taz.
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