José Lezama Lima: Paradiso (Suhrkamp)

Der Autor Ilija Trojanow bezeichnet Paradiso als den ersten wahren Weltkulturroman. In ihm schildert der kubanische Autor José Lezama Lima Kindheit und Jugend – das Paradies – des Kubaners José Cemí und die verzweigten Lebensgeschichten seiner Familie. Erschienen ist Paradiso bei Suhrkamp.

Der Roman Paradiso war das erste Mal in der lateinamerikanischen Literatur, in dem Homosexualität offen und freimütig beschrieben wurde. Dies machte ihn berühmt und aufgrund seines hohen Niveaus auch zu einem der wichtigsten Romane des Kontinents. Gleichzeitig war Paradiso der einzige Roman Lezama Limas, der zu seinen Lebzeiten veröffentlicht wurde. Er enthält viele Parallelen zu seinem Leben als junger Schriftsteller im vorrevolutionären Kuba. So spielt denn die kubanische Geschichte inklusive der Castro-Revolution nur eine Hintergrundrolle. Im Fadenkreuz steht die persönliche Entwicklung des José Cemí. Lezama Lima sagte einst, dass er sich selber gar nicht als Romanschreiber sieht sondern als Poet und sein Buch daher für ihn eigentlich ein zu lang geratenes Gedicht darstellt.

Die Wochenzeitung Die Zeit fragt hingegen: „Muss man José Lezama Lima vorstellen? Jahrgang 1910, Asthmatiker, Halbwaise, schwul. Früh exzelliert er als ekstatischer Lyriker, ist umtriebig, liest und schreibt und liest. Castros Instrumentalisierung verweigert er sich, verdämmert auf einem Alibiposten. Als er Mitte Fünfzig ist, stirbt seine Mutter, mit der er bis dahin symbiotisch zusammenwohnte: Im Alter ist er plötzlich allein. 1966 erscheint unter Hilfestellung Julio Cortázars sein Roman Paradiso, an dem er Jahrzehnte gearbeitet hat, ein irrer Ziegel, den niemand versteht - ein Klassiker.“

José Lezama Lima wurde 1910 in La Habana geboren. Er studierte Jura und praktizierte als Rechtsanwalt, was sein lebenserhaltender Nebenberuf dieses umfassend gebildeten und belesenen Dichters war. Er wurde später zum Leiter der Literatur- und Publikationsabteilung des Consejo Nacional de Cultura, des kubanischen Kulturrates berufen, und ab 1962 betätigte er sich als Vizepräsident des kubanischen Schriftsteller- und Künstlerverbandes (UNEAC). Außerdem wurde er zum Assessor im Literaturinstitut der Academia de Ciencias, der Wissenschaftsakademie, ernannt. Er verließ Kuba insgesamt nur zweimal, als er 1949 Jamaika und 1950 Mexiko besuchte. Seinem 1966 erschienenen Roman Paradiso (1966), der ihm weltweite Anerkennung einbrachte, waren seit 1937 avantgardistische Lyrik und Essays vorausgegangen. Lezama Lima gab die literarische Zeitschrift Orígenes heraus, die bald zu den wichtigsten hispanoamerikanischen Kulturzeitschriften zählte. Sowohl Paradiso als auch Orígenes waren von außerordentlich hoher Bedeutung für das kubanische Geistesleben und entwickelten sich zu starken Bezugspunkten für das literarische Schaffen in Kuba und Lateinamerika. In seinem ebenfalls berühmten Essay La expresión americana (zu Deutsch Die amerikanische Ausdruckswelt) – wie alle Werke von Lezama Lima sehr komplex und außerordentlich gebildet – geht er der lateinamerikanischen kulturellen Identität nach und prägt für sie den Begriff des „Barocken“. Julio Cortázar und Mario Vargas Llosa haben, was seine Bedeutung für die Weltliteratur angeht, den Roman Paradiso mit Marcel Prousts Auf der Suche nach den verlorenen Zeit und James Joyces Ulysses verglichen

Paradiso von José Lezama Lima ist bei Suhrkamp erschienen.
(JK 01/11)

Keine Kommentare: