Michael Ebmeyer: Landungen (Kein und Aber)

Ein Familienroman über mehrere Generationen ist Michael Ebmeyers neues Buch Landungen, das bei Kein und Aber erschienen ist.

Bremerhaven, 1869: Die junge Friederike Soltau besteigt ein Auswandererschiff nach Argentinien. Sie soll ihren Brüdern helfen, die in der Pampa Land gekauft haben. Und sie soll ihr Gemüt beruhigen, denn Friederike gilt als seltsam. Auf argentinischem Boden nimmt sie ihr Leben jedoch selbst in die Hand und entzieht sich der Kontrolle der Familie.

Hundert Jahre später träumt Udo Soltau nach einer gescheiterten Ehe von einem Neuanfang mit der viel jüngeren Sigrid und will dafür den alten Familienbesitz in Übersee verkaufen. Doch als er auf der Estancia ankommt, wird er von der Vergangenheit eingeholt. Die Geschichte der Familie lässt auch Udos Sohn Marco nicht los: Nach einem rätselhaften Zusammenbruch verfolgt er seine argentinischen Wurzeln und entdeckt dabei nicht nur die verwischten Spuren seiner Vorfahren, sondern vor allem die Möglichkeit von Freiheit.

Dass Menschen erst seit kurzer Zeit öffentlich über Depressionen und einhergehende Panikattacken reden können, wird dem Leser in diesem Buch klar. Vor 140 Jahren entledigte man sich solcher Fälle kurzerhand. In diesem Buch wird die an Depressionen leidende Frau einfach 10.000 Kilometer weit weg geschafft – aus den Augen, aus dem Sinn. Michael Ebmeyer nimmt dies als Grundlage seines Romans. Nach und nach kommen die Teile der verstreuten Familiengeschichte zutage und es gilt, Familienmitglieder zu entdecken, die allesamt in der Regel auf sich allein gestellt die Dinge des Lebens meistern müssen. Durch die Spurensuche zu der Verwandten in Argentinien können einzelne Familienmitglieder Kraft schöpfen und für sich einen neuen Sinn entdecken. So wird die damals Vertriebene zur Heldin und es zeigt sich, wie Dinge aus der Vergangenheit die Gegenwart beeinflussen können. Auf drei Zeitebenen mit drei Hauptfiguren ist dieser Roman angelegt und alles ist stimmig. Michael Ebmeyer beweist, dass er die Kunst des Erzählens beherrscht.

Michael Ebmeyer, geboren 1973, wuchs in Bielefeld auf. Er studierte in Tübingen und Barcelona, heute lebt er als Schriftsteller, Journalist und Übersetzer in Berlin. Mit der Gruppe Fön bringt er Texte an Musik auf die Bühne. Sein 2009 erschienene Roman Der Neuling wird übrigens verfilmt und soll 2012 in die Kinos kommen.

Landungen von Michael Ebmeyer ist bei Kein und Aber erschienen.
(JK 11/10)

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