Die spanische
Tageszeitung El País schrieb über den Roman Ketzer vom kubanischen Autor
Leonardo Padura, der im Unionsverlag erschienen ist, dass dies ein Roman ist
über den schmerzhaften Verlust von Hoffnung und Illusionen – und über Menschen,
die nach der Wahlfreiheit des Individuums streben. Die perfekte Mischung aus
historischem, Gesellschafts- und Kriminalroman.
Havanna, 27. Mai 1939:
Die MS St. Louis fährt im Hafen ein. An Bord: 937 jüdische Flüchtlinge aus
Deutschland. Daniel Kaminsky wartet an Land auf Eltern und Schwester. Doch die
Einreise wird allen verweigert, das Schiff fährt zurück nach Europa.
Amsterdam, 1648: Elias,
ein Schüler Rembrandts, wird vom mächtigen Rabbinerrat aufgrund seiner
Malerleidenschaft aus der Stadt verstoßen. Der Meister selbst gibt ihm sein
Porträt mit auf den Weg ins Exil.
London, 2007: Sensation
auf dem Kunstmarkt: Ein bislang unbekanntes Christus-Porträt von Rembrandt
taucht bei einer Auktion auf. Wer ist der Eigentümer?
Der alte Bekannte aus
früheren Padura-Romanen Mario Conde wird von Daniel Kaminskys Sohn beauftragt
und macht sich auf die Suche nach den Geheimnissen des Christusbildes und der
Familie Kaminsky. Der Fall führt ihn durch die Jahrhunderte. Die Spur zieht
sich um die halbe Welt.
Für sein Buch Ketzer
wurde Leonardo Padura jüngst mit dem Internationalen Preis des Historischen
Romans der Stadt Saragossa ausgezeichnet, wobei die Jury insbesondere die
literarische Qualität und die historische Genauigkeit würdigt. Selten konnte
man mit einem Urteil zufriedener sein. Überaus geschickt bringt Padura die
Elemente des historischen Romans mit denen des Krimis und Thrillers zusammen
und orchestriert dabei ebenso geschickt die verschiedenen Zeitebenen. Die
Beschreibung des kubanischen Charakters, seine Offenheit und Fähigkeit zu
leben, und auch in der Not das Leben noch als eine Art Fest zu begreifen, ist
die weitere Stärke des Buches. Und doch kommt es auch dort zu einer
Kapitulation der menschlichen Werte vor dem Opportunismus.
Leonardo Padura steigt
ein in die Kontroverse um Kunstraub der Nazis begangen an den Juden und warnt
vor Manipulation der Massen (in Deutschland, in Kuba oder anderswo). Keine
Referenz vermeidet die komplizierte und problematische Bildung von Israel im
Jahr 1947. Die Details des Lebens von Daniel Kaminsky, seinem tragischen und
mehr als verständlichen Übergang vom Judentum zur „gottlosen Skepsis“,
enthalten die große dem Buch zugrunde liegende Botschaft: eine klare Warnung
vor Fanatismus der einen oder anderen Art und ein ebenso klares Bekenntnis zu
Toleranz und Respekt für unterschiedliche Denkweisen und ihrer Daseinsberechtigung
in unserer Welt.
Leonardo Padura, geboren
1955 in Havanna, zählt zu den meistgelesenen kubanischen Autoren. Zu seinen
Buchveröffentlichungen zählen Romane, Erzählbände, literaturwissenschaftliche
Studien sowie Reportagen und Interviews. International bekannt wurde er mit
seinem Kriminalromanzyklus Das Havanna-Quartett. Im Jahr 2012 wurde ihm
der kubanische Nationalpreis für Literatur zugesprochen. Leonardo Padura lebt
in Havanna.
(JK 07/14)
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