In seinem Roman Mirage,
der bei dtv erschienen ist, dreht der amerikanische Autor Matt Ruff einfach den
Spiess um: Bagdad, 9.11.2001 –
Was, wenn alles genau anders herum passiert wäre?
Das
Attentat erschüttert die Vereinigten Arabischen Staaten (VAS) bis ins Mark: Am
9.11.2001 – fortan als 11/9 bekannt – steuern christliche Fundamentalisten zwei
Flugzeuge in die Türme des Welthandelszentrums von Bagdad, ein drittes ins
arabische Verteidigungsministerium in Riad, während mutige Passagiere das
vierte, für Mekka bestimmte in der Wüste zum Absturz bringen. Die
wirtschaftliche Supermacht sagt dem Terror daraufhin den Kampf an und besetzt
die Ostküste von Amerika – Entwicklungsland
und mutmaßliche Heimat der Terroristen. Acht Jahre später neigt sich der
Krieg dort seinem Ende zu. Die Terrorgefahr ist allerdings nicht gebannt. Von
einem verhafteten Selbstmordattentäter erfahren Mustafa, Samir und Amal,
Bundesagenten für Innere Sicherheit, Unglaubliches: In Wahrheit sei Amerika die
Großmacht, die arabischen Staaten hingegen rückwärtsgewandte
Dritte-Welt-Länder. Die New York Times vom 12.9.2001, die beim Attentäter
gefunden wird, scheint dies zu bestätigen. Bald entdecken Mustafa und sein
Team, dass auch noch andere von dieser vermeintlichen Parallelwelt wissen und
vor nichts zurückschrecken, um die Wahrheit darüber zu verschleiern…
Thrillerautoren
spielen immer mal wieder gerne mit der Umkehrung von historischen Ereignissen.
So geschehen bei Robert Harris, der seinen
Roman Vaterland in einem siegreichen Nazi-Deutschland im Jahr 1964 am
Vorabend von Hitlers 75. Geburtstag spielen lässt, oder Stephen King lässt
einen Zeitreisenden die Ermordung John F. Kennedys stoppen. Diese Romane laden
den Leser ein, über ein ‚Was wäre wenn‘ zu spekulieren. Matt Ruff nimmt in
seinem Roman allerdings ein beliebtes fantastisches Element auf und schafft eine
Parallelwelt, die diametral zur anderen läuft. Matt Ruff hat genau hingeschaut
und beeindruckt mit der detailtreuen Umkehr der historischen Ereignisse und
unserer Welt bis hin zur arabischen Version von Wikipedia, die uns über den
Lauf der Dinge informiert. Diese Detailtreue verleitet aber auch leicht, seine
Überzeugungen in der Parallelwelt sehr forsch zu vermitteln, anders als zum
Beispiel dies eher schleichend in Robert Harris‘ Vaterland passiert und
damit noch eindringlicher. Trotzdem ist man als Leser immerzu neugierig zu
erfahren, welche nächste Wendung, welchen nächsten Trick Matt Ruff sich in
seinem Roman ausgedacht hat. Das Erlesen
dieser Parallelwelt macht Spaß.
Matt
Ruff, 1965 in New York geboren, wuchs als Sohn eines lutherischen Pfarrers in
Queens auf. Er studierte Englische Literatur und Creative Writing und lebt
heute in Seattle.
Mirage von Matt
Ruff ist bei dtv erschienen.(JK 08/14)
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