Die weissrussische
Schriftstellerin und Bürgerrechtlerin Swetlana Alexijewitsch erhält den Literaturnobelpreis
2015. In ihren Texten blickt die Autorin in die Tiefe der zerfallenen
Sowjetunion.
Die
weissrussische Autorin und Bürgerrechtlerin wird in Stockholm für „ihr
vielstimmiges Werk, das dem Leiden und dem Mut in unserer Zeit ein Denkmal
setzt“, ausgezeichnet. Sie hat die Liste der Favoriten bereits 2014 angeführt
und setzte sich dieses Jahr gegen knapp 200 nominierte Schriftsteller durch.
Die
67-jährige Swetlana Alexijewitsch ist mit ihren Texten zum moralischen Gedächtnis
des zerfallenen Sowjetimperiums geworden. Die weissrussische Schriftstellerin
hat mit ihren Collagen das Leid, die Katastrophen und den harten Alltag der
Menschen in ihrer Heimat aufgearbeitet. 2013 erhielt sie den Friedenspreis des
Deutschen Buchhandels.
Swetlana
Alexijewitsch wird auch als „Sammlerin von Stimmen“ bezeichnet. Der Homo
sovieticus steht im Zentrum ihres Werks. Unerschrocken erforscht sie ihn bis
heute. Ihre Bücher sind „Romane in Stimmen“. Erstmals wandte die gelernte
Journalistin ihre literarische Methode 1983 im Buch Der Krieg hat kein
weibliches Gesicht an. Mit Interviews dokumentierte sie das Schicksal
sowjetischer Soldatinnen im Zweiten Weltkrieg. Für Zinkjungen (1989)
sprach sie mit mehr als 500 Veteranen des sowjetischen Afghanistan-Feldzugs und
Müttern gefallener Soldaten. Genauso porträtierte sie 1997 die Überlebenden der
Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Als ihr Grosswerk gilt Secondhand-Zeit
von 2013 – eine Sammlung von Stimmen über die erschütternden Erfahrungen des
kommunistischen Experiments in der Sowjetunion. In ihrem Buch Die letzten
Zeugen von 2014 schildert Swetlana Alexijewitsch den Einmarsch nazideutscher
Truppen in Weissrussland im Jahr 1941.
Swetlana
Alexijewitsch wurde am 31. Mai 1948 im westukrainischen Stanislaw (heute
Iwano-Frankowsk) geboren. Sie arbeitete nach einem Journalismus-Studium
zunächst bei einer Lokalzeitung sowie als Lehrerin. Da sie unter dem
autoritären Regime in Weissrussland öffentlich kein Gehör fand und ihre Werke
nicht verlegt wurden, hielt sie sich viele Jahre im Ausland auf. 2011 zog sie
trotz ihrer oppositionellen Haltung zurück nach Minsk. Ihre Bücher sind auf Deutsch im Hanser Verlag erschienen.
(JK 10/15) (Bild: Isolde Ohlbaum)
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