Mit dem Krimi 99 Särge
von Qiu Xiaolong ist bei dtv ein neuer Fall mit Oberinspektor Chen als Taschenbuch
erschienen.
Der Leiter von Shanghais
Baubehörde wird in einem Hotelzimmer erhängt aufgefunden. Zwei Wochen zuvor
hatten Internetaktivisten aufgedeckt, dass er korrupt war, worauf die Partei
ihn in Disziplinarhaft nahm. Aber hat er sich wirklich selbst umgebracht? Oder
war es Mord? Die Ermittlungen deuten schnell auf einen Skandal hin, der bis in
die höchsten Parteiebenen Pekings reichen könnte. Nachdem Hauptwachtmeister Wei
Opfer eines tödlichen ‚Unfalls‘ geworden ist, wird Oberinspektor Chen bewusst,
dass er ebenfalls in Gefahr schwebt. Dennoch ermittelt er mithilfe der
attraktiven Journalistin Lianping weiter.
Das
Besondere an dieser Krimireihe ist die Art und Weise wie der Autor den Leser in
das heutige Shanghai und China versetzt und da bildet auch 99 Särge
keine Ausnahme. Es ist für den Leser spannend den Veränderungen in China durch
die Augen von Oberinspektor Chen zu folgen. Wir erfahren von einem China, das
sich mit seinem Sozialismus chinesischer Prägung zunehmend materialistisch-kapitalistisch
entwickelt und im Fall von Shanghai lernt
man eine Stadt kennen, deren Immobilienpreise in atemberaubende Höhe schnellen
und kaum mehr Platz für die städtischen Armen anbietet. Ein grosser Teil des
Reizes dieser Reihe macht die Figur des Oberinspektors Chen aus. Er bleibt immer
etwas rätselhaft, schwer fassbar und unerkennbar. Dazu übersetzt der
Polizeiinspektor, der Anglistik studiert hat, Krimis und schreibt und rezitiert
Gedichte. Chen ist ein bewundernswerter Charakter, der die Gabe besitzt, in
einer ehrlichen und mitfühlenden Art und Weise zu agieren. In diesem Krimi
sucht er nach einem Weg, dass die Witwe und Kind eines im Einsatz ums Leben
gekommenen Kollegen, die Leistungen erhält, die sie verdienen. Qui Xiaolong hat
einen ruhigen, subtilen und mit Tiefgang ausgestatteten Krimi geschrieben.
Qiu Xiaolong, 1953 in
Shanghai geboren, arbeitet als Übersetzer, Lyriker und Literaturkritiker. 1988
reiste er in die USA und kehrte nach dem Massaker am Tiananmen-Platz nicht nach
China zurück. Seit 1994 lehrt er an der Washington University St. Louis
chinesische Literatur und Sprache.
99 Särge von Qiu Xiaolong ist bei dtv erschienen.
(JK 05/16)
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