Bi Feiyu: Sehende Hände (Blessing)

Bei Blessing ist von dem chinesischen Autor Bi Feiyu sein preisgekrönter Roman Sehende Hände erschienen.

Als der blinde Masseur Wang Daifu mit einer Freundin, aber mittellos und ohne Perspektive in seine Heimatstadt Nanjing zurückkehrt, kann er bald Hoffnung schöpfen: Sein alter Freund von der Blindenschule, der ehrgeizige, belesene Sha Fuming, heuert ihn als Therapeuten in seinem Tuina-Massagesalon an. Abends schlafen Wang und seine Freundin im nahe gelegenen Wohnheim, in dem alle Mitarbeiter nächtigen, Frauen und Männer getrennt. Geschichten von Liebe, Freundschaft und Eifersucht entspinnen sich rund um die Mitarbeiter, zu denen nun auch noch Du Hong stößt, die eigentlich Pianistin werden wollte und von großer Schönheit ist. Für Wang aber reißen die Sorgen nicht ab: Kaum verdient er wieder Geld, muss er für seinen Bruder alles riskieren, da dieser sich erpressbar gemacht hat.

25 Jahre hat Bi Feiyu recherchiert und das Thema der blinden Masseure mit sich herumgetragen, bevor er sich an diesen Roman wagte, der den Leser mit seinen plastischen und berührend beschriebenen Verwicklungen in das Leben im modernen China hineinzieht. Das Drama, der Humor und die gesamte Anziehungskraft des Romans stammen aus der Fähigkeit des Autors, die Tiefen der wirklichen Herausforderungen der Blindheit auszuloten und sie nahezu universell erscheinen zu lassen. Die Geschichten wecken Empathie – niemals Mitleid. Es mag verlockend sein, diese Erzählung als Metapher für das moderne China zu lesen, wo die Regierung den freien Fluss von Ideen und Meinungen beschränkt und dadurch die Bürger im Dunkeln hält. Doch der Roman bietet mehr als diese Vermutung. Der Roman spielt um die Jahrtausendwende, handelt von einzelnen Figuren oder auch Figurenpaaren in handlichen Kapiteln von etwa 20 Seiten, deren Geschichten so ineinandergreifen, dass ein Roman daraus entsteht. Die meisten Figuren können sich mit ihrer Blindheit auseinandersetzen – sie sogar feiern – aber wie jeder andere im modernen China auch suchen sie noch etwas mehr: Geld, Liebe oder den Status, die Frau des Chefs zu sein.

Bi Feiyu, 1964 geboren, lebt heute in Nanking. Seine Jugend verbrachte er in der Provinz Jiangsu, denn sein Vater war unter Mao als sogenannter „Rechtsstehender“ zur Landarbeit verurteilt worden. Er studierte Literatur und lehrte fünf Jahre als Dozent, bevor er journalistisch arbeitete. Bi Feiyu veröffentlichte mehrere Romane, u.a. Die Mondgöttin und wurde 1995 mit dem angesehenen Lu-Xun-Literaturpreis ausgezeichnet, 2010 erhielt er den Man Asian Literary Prize, 2011 erhielt er für Sehende Hände die höchste literarische Auszeichnung Chinas: den Mao Dun Prize. 
 
Sehende Hände von Bi Feiyu ist bei Blessing erschienen. 
(JK 08/16)

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