Frankreich – Ehrengast 2017 der
Frankfurter Buchmesse
Indianer
zu Hunderten, Horden von Bisons und ihre Jäger, Hitze und Spannung, Staub und
das unentwegte Knallen von Schüssen – Éric Vuillards Erzählung strotzt vor
Abenteuer. Doch die Spur verläuft im Kreis, die Männer bewegen sich vor einer
riesigen Leinwand, die Rufe der Menge überdecken alle Geräusche : Billy Cody
alias Buffalo Bill tobt im Zentrum eines Spektakels, das als Wildwest-Show über
zwei Jahrzehnte in der ganzen Welt bekannt war und eine Geschichte von
Heldentum und gerechtem Zorn konstruierte. Doch die Schlachten der Sieger, der
heroische Gründungsmythos eines vermeintlich freien Landes, waren das Massaker
an Amerikas Ureinwohnern, deren Überlebende nun gezwungen sind, im Kostüm des
Besiegten zu posieren und ihre Erniedrigung bei jeder Darbietung abermals zu
durchleben.
Éric
Vuillard konfrontiert in dieser fesselnden historischen Rhapsodie den
amerikanischen Mythos der Eroberung des Westens mit den vergessenen Gesichtern
ihrer Opfer und entlarvt das erste große Massenvergnügen der Neuzeit als lügenhafte
Umerzählung der brutalen Ausrottung eines Volkes in ein gigantisches, von den
Siegern zu Markte getragenes Spektakel.
„Vuillards gerade einmal
120 Seiten schmaler Text handelt zwar von Ereignissen, die mehr als hundert
Jahre zurück liegen, darüber hinaus ist er eine sprachmächtige Meditation über
die destruktive Kraft der Ökonomie der Aufmerksamkeit.“ (Peter Zimmermann, Ö1)
Éric Vuillard, geboren
1968 in Lyon, ist Schriftsteller und Regisseur. Für seine Bücher, in denen er
große Momente der Geschichte neu erzählt und damit ein eigenes Genre begründet,
wurde er u.a. mit dem Prix de l'inaperçu und dem Franz Hessel Preis ausgezeichnet.
Traurigkeit der Erde. Eine Geschichte von Buffalo Bill Cody
von Éric
Vuillard ist bei Matthes & Seitz Berlin erschienen.
(JK 08/17)
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