Mathieu Riboulet: Und dazwischen nichts (Matthes & Seitz)

Frankreich – Ehrengast 2017 der Frankfurter Buchmesse

Anfang der 1970 er Jahre stehen die Protestbewegungen in Paris, Rom und Berlin vor der Frage nach dem bewaffneten Kampf und dem Abtauchen in den Untergrund. Auch wenn die Antworten unterschiedlich ausfallen, beginnt in allen drei Ländern ein Jahrzehnt politischer Gewalt, das auf den „Straßen eines Europas im Frieden die Leichen Hunderter Männer und Frauen hinterließ, wie Hunde abgeknallt“. Als Zeuge dieses Jahrzehnts der Wut, Hoffnung und großen Worte erlebt der Ich-Erzähler seine sexuelle und politische Bewusstwerdung, doch als er „am Zuge ist“, in das Weltenspiel einzutauchen, ist die Hoffnung seiner älteren Brüder an den Mauern der Repression zerschellt oder in mörderischen Sackgassen gestorben. Geschrieben mit der Wut eines hilflosen Zeitzeugen, der Lügen eines ganzen Kontinents, erinnert uns Und dazwischen nichts daran, dass Geschichte vor allem eines ist: Fiktion.

„Auf den zweihundert, literarisch ungemein dichten, an einigen Stellen fast lyrischen Seiten komponiert Mathieu Riboulet ebenso eine Hommage wie einen Abgesang auf die radikale politische Linke im Europa der 1970er Jahre. [...] Im Zuge der für 2018 bevorstehenden Jahrestage der 68er-Bewegung ist Mathieu Riboulets Text, der die Folgejahre der sich verstetigenden Revolte beleuchtet, eine bedeutsame zeithistorische Quelle voll politischer Wut und literarischer Sprachgewalt.“ (Florian Schmid, Neues Deutschland)

„Der Erzähler wirkt wie eingesperrt in seinen Erinnerungstaumel, weil er nichts mehr ändern kann. [...] Doch das ändert nichts daran, dass dieser Roman mit kritischer Wut und in hochkarätiger Prosa die Sehnsüchte und politischen Träume benennt, die in Westeuropa unter dem Teppich des politischen Wohlstands erstickt worden sind.“ (Christoph Vormweg, Deutschlandfunk)

„Diese Zeitreise erinnert an an einen hierzulande begeistert aufgenommenen französischen Autor: Vielleicht ist Riboulet mit dieser Autofiktion eine linksradikale Version von Didier Eribons Rückkehr nach Reims gelungen.“ (Pascal Jurt, Spex)

„[...] [D]er Autor schreckt nicht zurück vor der detaillierten Beschreibung oft heftiger gelebter Sexualität. Damit schafft er ein Buch, das eindringlich eine wesentliche Phase der politischen Entwicklung Europas in Erinnerung ruft und dabei das Gewaltmonopol des Staates noch einmal zumindest partiell in Frage stellt.“ (Carolin Fischer, Deutschlandfunk Kultur)

Mathieu Riboulet, 1960 geboren, lebt als Autor und Regisseur in Paris. Er drehte über zehn Jahre zahlreiche Filme, bevor er sich ganz der Schriftstellerei widmete. Seit Anfang der 2000er Jahre ist ein umfangreiches einzigartiges literarisches Werk entstanden. 2012 erhielt er für Les OEuvres de miséricorde (deutscher Titel: Die Werke der Barmherzigkeit) den Prix Décembre. Im Sommer 2017 ist er Stipendiat am Literarischen Colloquium Berlin.

Und dazwischen nichts  von Mathieu Riboulet ist bei Matthes & Seitz erschienen. 
(JK 08/17)

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