Ismail Kadare: Die Verbannte (S. Fischer)

Der Roman Die Verbannte des albanischen Autors Ismail Kadares beschreibt ein Spiegelkabinett aus Begierde und Verrat, eine Liebe, die über den Tod hinausgeht, eine Welt aus Verhören und mitgeschnittenen Telefonaten.

Auf der Premierenfeier seines neuesten Stücks wird der Autor Rudian Stefa von einer jungen Frau um eine Widmung gebeten. Ihre Freundin könne leider nicht kommen, sei aber eine große Bewundererin. Der Dramatiker kommt der Bitte nach, kurz darauf treffen sie sich wieder, sie beginnen eine Affäre. Einen kurzen, heftigen Streit später ist es die Ermittlungskommission, die ihn treffen möchte. Nach und nach erkennt Rudian Stefa das politische Ausmaß seiner Widmung und die tragische Reichweite seiner Affäre. In seinem Roman zeigt Ismail Kadare eindrucksvoll auf, wie autoritäre Herrschaft alle zwischenmenschlichen Beziehungen deformiert: tiefgreifend, substantiell, bis über den Tod hinaus. Liebe und Schuld, Begierde und Verrat gehen so unweigerlich eine grausame Verbindung ein.

Die Verbannte ist eine fesselnde Geschichte und liefert Einblicke in das Leben in Albanien zu Zeiten der kommunistischen Ära unter Enver Hoxha, die man sonst wo nicht so leicht erhalten kann. Mit feiner schöner Poesie wird eine intensive und tief traurige Geschichte erzählt. Der Verlag S. Fischer nennt Ismail Kadare als einen der größten europäischen Erzähler unserer Zeit. Man darf dem uneingeschränkt zustimmen.

Ismail Kadare, Albaniens berühmtester Autor, wurde 1936 im südalbanischen Gjirokastra geboren. Er studierte Literaturwissenschaften in Tirana und Moskau. Seine Werke wurden in vierzig Sprachen übersetzt, er gilt seit Jahren als Anwärter auf den Literaturnobelpreis. 2005 erhielt Kadare den Man Booker International Prize. 2015 wurde er mit dem Jerusalem Prize ausgezeichnet. Er ist Mitglied der französischen Ehrenlegion und lebt heute in Tirana und Paris.

Die Verbannte  von Ismail Kadare ist bei S. Fischer erschienen. 
(JK 11/17)

Keine Kommentare: