Madeleine Thien: Sag nicht, wir hätten gar nichts (Luchterhand)

Madeleine Thiens Roman Sag nicht, wir hätten gar nichts ist ein preisgekrönter Roman über China von den 1940er Jahren bis heute, über zwei eng verbundene Musikerfamilien und ihr Schicksal. Die herzzerreißenden Lebensgeschichten der Musiker, ihrer Freunde, Familien und Geliebten, die in den Strudel der Politik geraten, in das Auf und Ab von Revolution, Gewalt und Unterdrückung, führen zu der universellsten und zugleich privatesten aller Fragen: Wie kann der Mensch sich selbst treu bleiben, lieben und kreativ sein, wenn er sich verstellen und verstecken muss, weil er um sein Leben fürchtet? Erzählerin dieses vielschichtigen Epos ist Marie, die mit ihrer Mutter in Kanada lebt und nicht versteht, warum ihr Vater nach China zurückgekehrt ist. Als sie zehn Jahre alt war, haben sie einen Gast bei sich aufgenommen, die junge Ai-ming, die nach dem Massaker am Platz des Himmlischen Friedens aus Peking geflohen ist. Marie ahnte bald, dass sie eine gemeinsame Geschichte haben, und nun versucht sie, Licht ins Dunkel der Vergangenheit zu bringen.

Madeleine Thien besitzt einen sehr gewinnenden Schreibstil und erzählt auf berührende Weise wie viel Schrecken sich in der Geschichte China versteckt. Ihrem Roman unterliegt das Thema, wie man sich selbst und seiner Leidenschaft treu bleiben kann, wenn das eigene Land durch politische Unruhen zerrüttet und man um das Leben seiner Familie und das eigene fürchten muss. Die wirft die Fragen auf, wie viel man von sich selbst aufgeben muss, um am Leben zu bleiben? Wie viel Leid kann man ertragen, und seinen eigenen Traum doch nicht aufgeben? Sie nimmt sich Zeit für die Gefühle ihrer Figuren und bringt so treffend das Innenleben ihrer vielseitigen Charaktere zum Vorschein.

Madeleine Thien wurde 1974 in Vancouver, British Columbia, geboren. Ihre Eltern stammen aus Malaysia und China und emigrierten in den 1960er Jahren nach Kanada. Als Kind begann Thien mit Ballett, Stepptanz und Akrobatik, später studierte sie Tanz, wechselte dann 1994 über zu Literatur. Ihr erstes Buch Einfache Rezepte, eine Sammlung von Kurzgeschichten, wurde mit vier kanadischen Literaturpreisen ausgezeichnet, und ihr Debütroman Jene Sehnsucht nach Gewissheit wurde in sechzehn Sprachen übersetzt. Für ihren Roman Flüchtige Seelen wurde Thien 2015 mit dem LiBeraturpreis von Litprom ausgezeichnet. Ihr neuer Roman kam 2016 auf die Shortlist des Man Booker Prize und wurde ausgezeichnet mit dem Governor General's Literary Award und dem Scotiabank Giller Prize, den höchsten Literaturpreisen Kanadas. Madeleine Thien lebt in Montreal.

Sag nicht, wir hätten gar nichts von Madeleine Thien ist bei Luchterhand erschienen. 
(JK 12/17)

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