Friedeward liebt
Wolfgang. Und Wolfgang liebt Friedeward. Sie sind jung, genießen die
Sommerferien, fahren mit dem Fahrrad die weite Strecke ans Meer, und reden
stundenlang über Gott und die Welt. Sie sind glücklich, wenn sie zusammen sind,
und das scheint ihnen alles zu sein, was sie brauchen. Doch keiner darf wissen,
dass sie mehr sind als beste Freunde. Es sind die 1950er-Jahre, sie leben im
katholischen Heiligenstadt, und für die Menschen um sie herum, besonders für
Friedewards strenggläubigen Vater, ist ihre Liebe eine Sünde. Käme ihre
Beziehung ans Licht, könnten sie alles verlieren. Als sie zum Studium nach
Leipzig gehen – Friedeward studiert Germanistik, Wolfgang Musik – finden sie
dort eine Welt gefeierter Intellektueller, alles flirrt geradezu vor lebendigem
Geist. Und sie lernen Jacqueline kennen, die ihnen gesteht, dass sie eine
heimliche Beziehung zu einer Dozentin hat. Zu viert besuchen sie die legendären
Vorlesungen im Hörsaal vierzig, gehen ins Theater, tauchen gemeinsam ein ins
geistige Leben der Stadt. Und da reift in den drei Freunden der Plan: Wäre es
nicht die perfekte ‚Tarnung‘, wenn einer von ihnen Jacqueline zum Schein
heiraten würde?
Heins Roman lässt einen
zwiespältig zurück. Sprachlich wieder wie gewohnt auf höchstem Niveau, in der
Geschichte selbst beschleicht einen die Vermutung, dass der Autor sich nicht
wirklich in seine Protagonisten hineinversetzen kann oder zumindest eine große
emotionale Distanz besitzt. So richtet sich dieser Roman wahrscheinlich an ein
heterosexuelles Publikum, das an diese komplexe Thematik behutsam herangeführt
werden will. Es ist daher Heins Verdienst, sich dieser Thematik anzunehmen in
Zeiten, in denen man sicher geglaubte Selbstverständlichkeiten von
Ewiggestrigen wieder in Frage gestellt und sogar massiv angefeindet werden.
Christoph Hein wurde am
8. April 1944 in Heinzendorf/Schlesien geboren. Nach Kriegsende zog die Familie
nach Bad Düben bei Leipzig, wo Hein aufwuchs. Ab 1967 studierte er an der
Universität Leipzig Philosophie und Logik und schloss sein Studium 1971 an der
Humboldt Universität Berlin ab. Von 1974 bis 1979 arbeitete Hein als Hausautor
an der Volksbühne Berlin. Der Durchbruch gelang ihm 1982/83 mit seiner Novelle Der
fremde Freund / Drachenblut. Hein wurde mit zahlreichen Preisen
ausgezeichnet, u.a. mit dem Uwe-Johnson-Preis und Stefan-Heym-Preis.
Verwirrnis von Christoph Hein ist bei Suhrkamp erschienen.
(JK 12/18)
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