cohen
+ dobernigg Buchhandel
Dienstag, 04.06.2019
20.30 Uhr
Sternstraße
4, Hamburg
Eintritt: nach Wunsch
Das schönste Städtchen der Welt: Joey Goebel liest
aus seinem neuen Buch Irgendwann wird es gut, das bei Diogenes erschienen
ist.
Von einem Leben als
Punkrocker hat er schon in seiner Kindheit geträumt, als junger Mann ist er
dann als Leadsänger mit seiner Band The Mullets für fünf Jahre durch die
USA getourt. Bekannt wurde Joey Goebel aber doch als Schriftsteller. Schon im
Alter von 23 Jahren veröffentlichte er sein gefeiertes Romandebüt Freaks,
mit dem er auch in Deutschland euphorisch als „Schriftsteller, Musiker,
Junggenie“ (Die ZEIT) gefeiert wurde. Es folgten mehrere international
erfolgreiche Romane. Geboren wurde Joey Goebel 1980 in Henderson, einer
Kleinstadt in Kentucky, in der er bis heute zu Hause ist. Aus dem Kosmos der
fiktiven Kleinstadt Moberly berichtet er nun mit Lakonie, Witz und stets großer
Empathie für seine Figuren in seinem ersten Erzählband Irgendwann
wird es gut.
In einem Interview mit
Benedict Wells, das seinen Erzählband abschließt, nennt Joey Goebel Sherwood
Andersons „Winesburg, Ohio“ als literarische Initialzündung seines Lebens und
erste Idee für ein eigenes Buch, es sollte eine „moderne Version“ der berühmten
Kurzgeschichtensammlung werden. Die Short Story als literarischer
Schnappschuss, der einen Zufallsausschnitt aus dem Leben ohne Anfang und Ende
erzählt, ist ein klassischer Topos und eine Königsdisziplin der amerikanischen
Literatur, ihre Großmeister sind u.a. Raymond Carver, Carson McCullers oder F.
Scott Fitzgerald. Erst nach vier Romanen, so Goebel, sei er als Autor „erfahren
und reif genug“ gewesen, sich endlich an einen eigenen Erzählband zu wagen. Die
Kleinstadt als Kulisse, schrullige Leute als Hauptfiguren, dieses Setting kennt
man von den berühmten Vorbildern. Joey Goebel ist in seinem Moberly, Kentucky
dennoch auf einer ganz eigenen Spur.
Moberly sei ein „gottverlassenes
Nest voller Keksfresser“, brüllt Luke bei seinem ersten großen Punkkonzert ins
Mikrophon, und das Publikum stimmt begeistert in seine Schimpftirade ein: „Scheiß-Moberly!
Scheiß-Moberly!“ Auch der Polizist, der nach dem Konzert vorbeischaut, um
nachzusehen, dass pünktlich um elf Uhr wieder Ruhe in der Kleinstadt einkehrt,
findet es immer wieder furchtbar in Moberly. Nur wenn er guter Dinge ist,
gefällt es ihm dort „genauso gut wie sonst irgendwo“. Und das geht allen so,
von denen Goebel aus Moberly berichtet, nur, dass sie meistens traurig sind, so
wie Dent, der sich in der grandiosen Auftakterzählung in die regionale
Fernsehmoderatorin verliebt. Er trifft sich jeden Abend auf einen Drink mit
ihr, sie kommt immer pünktlich, für ihn aber leider nur im Fernsehen. Kein
Wunder, dass er das Gefühl hat, das Leben würde sich immer anderswo abspielen,
nur nicht in Moberly. Aber warum bleibt er dann dort? Obwohl seine Figuren alle
hinter einer dicken Glasscheibe nach einem Ausweg aus der Einsamkeit und
Traurigkeit suchen, gibt Joey Goebel ihnen doch allen eine Gewissheit mit auf
den Weg: Spätestens, wenn sie Moberly verlassen hätten, wäre es das schönste
Städtchen der Welt.
Irgendwann wird es gut von Joey Goebel ist bei Diogenes erschienen.
Eine Veranstaltung im
Rahmen der Literatur Altonale.
(JK 06/19)
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