Kampnagel,
K6
Freitag, 22.11.2019 19.30
Uhr
Jarrestr.
20, Hamburg
Eintritt: 25 Euro
Als wäre ein
riesiges „Aber“ vom Himmel gefallen: Matthias Brandt liest aus seinem neuen
Roman Blackbird, der bei Kiepenheuer & Witsch erschienen ist.
In seinem vielgelobten
Debüt Raumpatrouille erzählt Matthias Brandt in kurzen,
autobiographischen Geschichten von einer Kindheit in den siebziger Jahren. Der
Junge, um dessen Lebenshorizont die Geschichten kreisen, will mal Torwart
werden, und falls das nicht klappt, vielleicht Briefträger. Doch sein Vater ist
der Politiker Willy Brandt und das beschert auch seinem Sohn einen permanenten
Ausnahmezustand, obwohl der sich nichts mehr wünscht als Normalität. In Blackbird,
seinem in diesem Herbst neu erschienenen Roman, ist die Welt der siebziger
Jahre nun die Bühne für ein trauriges, tief bewegendes und immer wieder auch
sehr komisches Drama um zwei jugendliche Helden, die ebenfalls verzweifelt um
Normalität ringen. Und radikal daran scheitern.
Wenn man mitten in der
Pubertät ist, dann passieren sowieso schon Dinge, die ziemlich irre sind. Bei
Motte, der eigentlich Morten Schumacher heißt, kommt zu all dem anderen jedoch
etwas sehr viel Schwereres, es ist so, als wäre ein riesiges „Aber“ vom Himmel
gefallen, durch das nichts mehr so ist wie zuvor. Es beginnt mit einem
harmlosen Anruf vom Vater seines besten Freundes Manfred Schnellstieg, den alle
Bogi nennen. Eben hat er sich noch mit ihm »übers Fürze anzünden« unterhalten,
einem Spezialgebiet von Bogi, und sich von ihm erklären lassen, dass der „Amselfelder“,
also der „Blackbirdfielder“, den sie sich für ihre Turnierfahrt am Wochenende
gekauft hatten, „besonders bekömmlich“ ist und trotzdem total reinhaut. Jetzt
erfährt er, dass Bogi im Krankenhaus liegt. Die Diagnose „Non-Hodgkin-Lymphon“
hört sich zwar so an, als ob es keine Krankheit sei, ist in Wahrheit aber
niederschmetternd. Blackbird erzählt davon, wie Motte sich daraufhin
zurückzieht. Er lässt das Unerträgliche einfach nicht an sich heran, besucht
Bogi nur selten im Krankenhaus, spricht nicht über dessen Krankheit und lenkt
sich mit all dem ab, was angesichts der existenziellen Bedrohung, der sein
Freund ausgesetzt ist, nur nebensächlich sein kann. Am Ende findet er mit all
seinen Gefühlsschwankungen, von denen Matthias Brandt mit großem Gespür für den
richtigen Ton und Rhythmus erzählt, dann doch einen Weg zurück in die
Freundschaft mit Bogi. Auch wenn er dafür ein anderer werden muss.
Matthias Brandt, geboren
1961 in Berlin, ist einer der bekanntesten deutschen Schauspieler. Für seine
Leistungen ist er vielfach ausgezeichnet worden.
Blackbird von Matthias Brandt ist bei Kiepenheuer
& Witsch erschienen.
(JK 11/19)
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