Deutsches Schauspielhaus
Mittwoch, 19.02.2020 19.30 Uhr
Kirchenallee 39, Hamburg
Eintritt: 15 / 25 Euro
Spielereien: Herta Müller stellt ihren Collagenband
Im Heimweh ist ein blauer Saal, der
bei Hanser erschienen ist, im Gespräch mit Ernest Wichner vor.
„Ich brauchte jeden Tag dringend die Schönheit der
Sätze“, erklärt Herta Müller in dem 2014 erschienenen Buch Mein Vaterland war ein Apfelkern, in dem sie erzählt, was sie zum
Schreiben gebracht hat und von ihrem ungewöhnlichen Lebensweg. Er führt vom
Kind deutscher Banater Schwaben, das in Rumänien Kühe hütet, bis zur weltweit
bekannten Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin. Ein besonders eindringliches
Zeugnis dafür, wie sehr ihr die Wörter und Sätze in ihrem Leben existenziellen
Halt geben, sind Herta Müllers Gedichtcollagen. Im Heimweh ist ein blauer Saal heißt der im Hanser Verlag
erschienene Sammelband, für die sie nicht mehr braucht als eine Schere, einen
Klebestift und eine Wörtersammlung.
Begonnen hat Herta Müller mit ihren Collagen schon
kurz nachdem sie 1987 nach Deutschland kam, in den Jahren darauf war sie viel
unterwegs und ärgerte sich über „grässliche Ansichtskarten“, die sie nicht
verschicken wollte. Sie kaufte weiße Karteikarten, eine Schere und einen
Klebestift und begann, Fotos und Wörter auszuschneiden. Über die Jahre sind die
Collagen von Herta Müller immer mehr ins Zentrum ihres Werkes gerückt. Eine
umfangreiche Sammlung erschien schon 1993 unter dem Titel Der Wächter nimmt seinen Kamm. Vom Weggehen und Ausscheren. Das
Grundprinzip ist bis heute gleich geblieben: Eine Bildcollage und eine Textcollage
werden auf eine Postkarte arrangiert. Was dabei im Vordergrund steht, Bild oder
Text, bleibt offen, auch wenn Herta Müller sich selbst nicht als bildende
Künstlerin sieht. Doch ihre neuen Collagen folgen nicht nur einer strengen
Anordnung von Bild und Text, sie sind auch bunt, jedes einzelne Wort ist anders
gestaltet und hat dadurch ein besonderes Gewicht. Bei ihren ersten Collagen
stand dagegen der Text stärker im Vordergrund, die Wörter wurden allesamt aus
Zeitungen ausgeschnitten und dann zu Gedichten gruppiert: „Der Ort ist nicht
gut / Er spricht nur eine Sprache / quadratisch / Brillen baumeln / zweimal /
als Glockenschlag / - und Wind“. Als kompakte Schriftbilder fungieren nun ihre
neuen Collagen, es reicht nicht, sie zu lesen, man muss sie betrachten können,
erst darin erschließt sich ihr vieldeutiger Sinn.
Herta Müller, 1953 in Nitzkydorf/Rumänien geboren,
lebt seit 1987 als Schriftstellerin in Berlin. Sie wurde mit zahlreichen
Preisen ausgezeichnet und ist die Literaturnobelpreisträgerin 2009.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen