Der „Mara-Cassens-Preis für den ersten Roman“ 2006 geht an Matthias Göritz für sein Buch "Der kurze Traum des Jakob Voss" (Berlin Verlag)

Für sein Romandebüt Der kurze Traum des Jakob Voss (Berlin Verlag) erhielt der Lyriker Matthias Göritz den mit 10.000 Euro dotierten „Mara-Cassens-Preis für den ersten Roman“ des Hamburger Literaturhauses. Der nach seiner Stifterin benannte Preis ist seit 1970 der bundesweit höchstdotierte Literaturpreis für einen deutschsprachigen Romanerstling und der einzige Literaturpreis, der von einer Leserjury vergeben wird. Die Hamburger Stifterin Mara Cassens möchte mit ihrem Preis jungen Autoren und Autorinnen ermöglichen, „sich für eine gewisse Zeit ganz dem Schreiben zu widmen“. Zu den Preisträgern der letzten Jahre gehörten u.a. Zsuzsa Bánk (2002), Erwin Koch (2003) und Terézia Mora (2004).

Die Jury besteht ausschließlich aus Mitgliedern des Literaturhaus Hamburg e.V., die sich in ihrer Freizeit engagiert mit den eingereichten Romanen auseinander setzen. Genau 9.262 Buchseiten hatte die 15-köpfige Jury unter dem Vorsitz des Berliner Autors Joachim Helfer in 2005 zu bewältigen, denn 25 Verlage aus dem deutschsprachigen Raum hatten 33 Debütromane für den Preis eingereicht.

In Der kurze Traum des Jakob Voss erzählt Matthias Göritz mit kühler Welthaltigkeit und schnörkellosem Realismus vom Erwachsenwerden des jungen Nicholas Voss, Sohn eines Geflügelzuchtbesitzers und gescheiterten Bürgermeisters in der norddeutschen Provinz. Auf den ersten Seiten des sprachlich prägnanten Romans rast Nicki auf seinem defekten Fahrrad einen Abhang in Richtung einer stark befahrenen Bundesstraße hinab – metaphorisch steht diese Talfahrt für das Scheitern einer ganzen Generation. Göritz durchbricht die melancholische Adoleszenz-Geschichte, indem er die Ereignisse um Vater und Sohn Voss in ein größeres Ganzes einordnet und so ein desillusionierendes Zeitpanorama der achtziger Jahre in der Bundesrepublik skizziert, wo die Figuren ohnmächtig dem ökonomischen Erfolgszwang ausgeliefert sind.

Die Jury begründete ihre Entscheidung so: „Zeitgenossenschaft, die nie auch nur in die Nähe der provinziellen Untiefen gängiger Generationsnostalgie gerät; Welthaltigkeit, deren Horizont nicht an der Kinderzimmertür endet, sondern soziale Wirklichkeit und Utopie, Wirtschaft, Geschichte und Politik mit umfasst – und dies in einem Roman, der eine Kindheit im Schleswig-Holstein der achtziger Jahre erzählt: Diese glänzende literarische Leistung gelingt Matthias Göritz in seinem Roman Der kurze Traum des Jakob Voss.' In eindrücklichen Szenen voller plastischer Figuren versetzt er den Leser in die schöne neue Welt der Geflügelzucht – und zugleich in die archaische Struktur einer Vater-Sohn Beziehung, in der erst das Scheitern des Vaters dem Sohn den Weg ins Leben eröffnet.“

Matthias Göritz wurde 1969 in Hamburg geborgen und lebt in Frankfurt/Main. Er hat Literaturwissenschaft und Philosophie studiert und lange in Moskau, Paris und Chicago gelebt. Er hat bislang vor allem Lyrik veröffentlicht, u.a. in „manuskripte“ und anderen Zeitschriften. 2001 erschien sein Gedichtband „Loops“. Für den Anfang seines ersten Romans „Der kurze Traum des Jakob Voss“ erhielt er den Hamburger Literaturförderpreis.

Die feierliche Verleihung des Mara-Cassens-Preises fand am 10. Januar 2006 im Literaturhaus Hamburg statt. Der Preisträger, die Stifterin, der Juryvorsitzende sowie die Hamburger Kultursenatorin waren anwesend.

Der kurze Traum des Jakob Voss von Matthias Göritz ist im Berlin Verlag erschienen.
(JK 01/06)

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