Im Juni 2004 wird der 83jährige Konservator Viktor Kunzelmann vor seiner Staffelei mit Symptomen einer Vergiftung aufgefunden. Sein Sohn Joakim beginnt, die Lebensgeschichte seines Vaters zu recherchieren. Die Spur führt ihn vom schwedischen Falkenberg nach Berlin, vom Ende des Jahrhunderts zurück in die dreißiger und vierziger Jahre. Fasziniert und erschrocken erkennt er, dass Viktor Kunzelmann, der berühmte Restaurator alter Gemälde, zugleich ein begnadeter Bildfälscher war.Seine „Meisterwerke“ hatte er für teures Geld an Industrielle und Politiker in Schweden und Deutschland verkauft. In Rückblenden und aus der Perspektive des Sohnes erzählt Carl-Johan Vallgren in seinem neuen Roman Kunzelmann & Kunzelmann, der im Insel Verlag erschienen ist, die Geschichte des Viktor Kunzelmann, er erzählt von der Kunstszene Berlins und von den Nazihorden, die durch die Straßen der Stadt ziehen.
Viktor, in Berlin geboren, und sein Freund Georg Haman tarnen sich mit der NSDAP-Mitgliedschaft. Sie werden erfolgreich mit gefälschten Briefmarken, Lebensmittelkarten, Gutachten und Gemälden. Nachdem er zuerst mit den Nazis, dann mit den Amerikanern im Nachkriegsberlin gute Geschäfte gemacht hatte, geht Viktor 1949 nach Schweden, wo er, der bedeutende Kunstkenner, in eine Expertengruppe berufen wird, die neue Methoden zum Erkennen von Kunstfälschungen entwickeln soll. Zugleich aber setzt er seine eigene Fälschertätigkeit fort, bis er am Ende seines Lebens seine Bilder zerstört.
Carl-Johan Vallgren erzählt zwei unterschiedliche Leben aus verschiedenen Zeiten und Generationen. Da ist zum Einen der Vater, der als heimlicher Schwuler im Nazi-Deutschland der 30er Jahre und später in Schweden sich vergeblich nach der Leibe seines Lebens sehnt. Auf der anderen Seite steht der Sohn, ein pornosüchtiger Hetero-Single mit häufig wechselnden Partnerinnen. So wie die Geschichte des Vaters von Vallgren geradlinig, spannend und mit Empathie erzählt wird, so wird der Sohn bewusst heruntergeschrieben, ganz seinem bezuglosen Lebensstil ähnlich. So wird man auf eine interessante Reise mitgenommen durch das schwule Leben Berlins in den 30er Jahren, den Jahren im KZ Sachsenhausen und erlebt ein Schweden der 50er Jahre, wo gleichgeschlechtliche Partner gleichsam tabuisiert bleiben. Carl-Johan Vallgren hat nachklingenden Roman über Wahrheit und Betrug geschrieben.
Carl-Johan Vallgren wurde 1964 in Linköping in Schweden geboren und wuchs in Falkenberg auf. Von 1993 bis 2003 lebte er in Berlin; seitdem in Stockholm.
Er debütierte 1987 mit dem Roman Die Nomaden. Im Herbst 2002 erschien sein Roman Geschichte der ungeheuerlichen Liebe, für den Vallgren den nach August Strindberg benannten August-Preis für das beste belletristische Buch des Jahres erhielt.
(JK 12/09)
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