Christopher Isherwood: Der Einzelgänger (Suhrkamp)

Mit Leb wohl, Berlin, dem Roman über das Berlin der 20er Jahre, Vorlage für das Musical Cabaret, ist Christopher Isherwood berühmt geworden, der bis 1939 in Berlin lebte, um dann in die USA zu emigrieren. In Los Angeles fand er den Schauplatz für seinen 1964 publizierten Roman Der Einzelgänger, der bei Suhrkamp als Taschenbuch veröffentlicht wurde.

George, 58 Jahre alt, Literaturprofessor, beginnt seinen Tag in Gedanken an seinen verstorbenen Freund, ein Tag voller Routine, bis ihn eine zufällige nächtliche Begegnung mit einem seiner Studenten aus dem Takt bringt. Nach zu vielen Drinks ist George, der Einzelgänger, bereit für eine neue Liebe. Es wird ein einziger Tag im Leben des homosexuellen College-Professors George erzählt. Er gilt als Paradiesvogel und genießt dies.

Isherwood schreibt über Liebe, Glück, Verlust und Tod, sein Held George einsam und verbittert. Das Buch trägt autobiographische Züge. Isherwood war selber Professor in L.A., schwul und hat seine eigene Homosexualität genossen, um dem Familienklischee Amerikas die Stirn zu zeigen. Der Roman Der Einzelgänger ist trotz seines Alters nicht angestaubt. Er hat die Zeit überdauert, eben gerade weil die Geschichte nicht das Schwulsein als Auslöser der Lebenskrise Georges definiert, sondern die menschlliche Seele per se.

Isherwood hatte den Roman seinem Freund Gore Vidal gewidmet, Tennessee Williams hält ihn für den besten Isherwoods. Eine literarische Entdeckung, über die man froh sein kann, sie in deutscher Übersetzung vorliegen zu haben.

Isherwood wurde als Sohn eines Offiziers geboren. Nach eigenen Angaben bemerkte er im Alter von zehn Jahren seine Homosexualität. Er studierte Geschichte und Medizin in Cambridge und London. Von 1929 bis 1933 lebte er als Sprachlehrer in Berlin, zunächst in Magnus Hirschfelds Institut für Sexualwissenschaft, dann in Berlin-Kreuzberg und schließlich ab Dezember 1930 in Berlin-Schöneberg, Nollendorfstraße 17, wo heute eine Gedenktafel an Isherwood erinnert. Die Romane Goodbye To Berlin und Mr Norris Changes Trains greifen Isherwoods Erlebnisse im Berlin der frühen 1930er Jahre auf. Die Motive wurden zum Teil für das Musical Cabaret adaptiert. Isherwood emigrierte 1939 in die USA. In Kalifornien sesshaft geworden, war er als freier Schriftsteller und Drehbuchautor für Hollywood-Studios tätig. Wichtig wurde für ihn die indische Philosophie der Vedanta, die er in dieser Zeit kennen lernte. Er blieb ihr zeitlebens verbunden und verfasste mehrere Werke zum Thema. Isherwood lebte 33 Jahre in einer anfangs von seinen Freunden als skandalös empfundenen Beziehung mit dem 30 Jahre jüngeren Maler Don Bachardy. Das Paar bearbeitete Dramatisierungen von Isherwoods Novelle Meeting By The River und dem Buch October. Im Alter engagierte sich Isherwood im US-Gay-Rights Movement.

Der Einzelgänger von Christopher Isherwood ist bei Suhrkamp erschienen.
(JK 12/09)

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