Eine Autobiographie der ungewöhnlichen Art hat Hartwig Schröder mit seinem Buch Mein Prinz, der Callboy geschrieben, das bei Eichborn erschienen ist.Sie sind Freunde, kommen vom Land in die Großstadt Hamburg, sie lieben sich und machen eine Karriere als Callboys im Hamburger Nachtleben.
Hartwig und Andreas sind Jungs „aus gutem Hause“, die etwas erleben wollen. Und sie sind schwul. Als sie wegen Studium und Ausbildung nach Hamburg ziehen, erwacht das Interesse, anschaffen zu gehen. Nicht weil sie das Geld nötig hätten, sondern aus purer Neugierde. Innerhalb weniger Monate können Sie sich ein Leben ohne sexuelle Abenteuer nicht mehr vorstellen. Zu ihren Kunden zählen Männer, die im bürgerlichen Leben Topmanager, ganz normale Familienväter und auch mal Pfarrer sind.
In diesem Sommer gab es bemerkenswerterweise zwei Autobiographien von Callboys als Neuerscheinung auf dem Buchmarkt. Man könnte fast den Eindruck gewinne, dass hier ein Tabu geknackt werden könnte. Anders jedoch als bei Cem Yildiz Buch F***ing Germany, bei Westend erschienen, ist das vorliegende Buch von Hartwig Schröder leiser. Hier steht nicht der distanzierte verachtende Blick auf die Freier und ihre Vorlieben im Vordergrund sondern das Einrichten in einem Doppelleben, der Spagat zwischen Ausbildung und Sexarbeit, das Pendeln zwischen Euphorie und Traurigkeit. Als Leser hat man hier nicht das Gefühl als Voyeur neben den Schauplätzen des Callboys stehen zu müssen – obschon gerade dies der Verlag – wir nehmen an zwecks Verkaufssteigerung – in seiner Werbung suggeriert. Nein, hier steht der Mensch Hartwig und nicht das Lustobjekt Callboy im Mittelpunkt und daraus entsteht eine ergreifende mitunter rührende Geschichte mit entwaffnender Ehrlichkeit.
Hartwig Schröder, geboren 1965, fing mit 20 Jahren an, als Callboy zu arbeiten. Nach einigen intensiven Jahren im Sexgewerbe stieg er aus und ging nur noch gelegentlich auf den Strich. Heute arbeitet er als Softwareentwickler und lebt in Karlsruhe. Seine Geschichte wird derzeit fürs Kino verfilmt.
(JK 11/09)
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