Miguel Ángel Asturias: Der Herr Präsident (Rotpunktverlag)

Der Schlüsselroman Der Herr Präsident des guatemaltekischen Literaturnobelpreisträgers Miguel Ángel Asturias ist endlich wieder neu aufgelegt worden. Lange Zeit vergriffen, erschient dieses Stück Weltliteratur nun beim Zürcher Rotpunktverlag.
Der Herr Präsident ist Mythos und Realität, Fiktion, Traum und historische Wahrheit in einem. Mag sein, dass Miguel Ángel Asturias an den Diktator Jorge Ubico dachte, der Guatemala von 1931 bis 1944 diktatorisch regierte. Und doch zeigt er uns eine über­historische Person, die nicht nur in jedem Land Lateinamerikas hätte regieren können, sondern auch eine mythische Person, die durch ihr Handeln eigene Realitäten schafft. Es hat etwas von Magie, wenn ein eigentlich kleiner Wicht die Macht hat, seine Untertanen zu korrumpieren und zu manipulieren; aber genau dies macht den Roman aus. Die handelnden Personen dünken sich eigener Wirkungsmacht und sind doch Marionetten eines Puppenspielers. Sie sind jedoch nicht einfach nur dessen Opfer. Jahrhundertelanges Zurechtbiegen der Menschen in den Sozialisationsanstalten Familie, Kirche, Schule und Militär haben aus ihnen auch freiwillige Täter entstehen lassen. Miguel Ángel Asturias veröffentlichte mit Der Herr Präsident erstmals einen politischen Roman. Er sagt selbst, dass er „das Bild eines Diktators“ zeigt, „wie es für alle Länder Gültigkeit hat“. 1957 erschien zum ersten Mal eine deutsche Übersetzung. Miguel Ángel Asturias gilt als Begründer der lateinamerikanischen Literaturgattung des magischen Realismus, die einen Siegeszug rund um die Welt antrat und zu denen so virtuose Schriftsteller wie der Kolumbianer Garcia Márquez zählt. Miguel Ángel Asturias wurde am 19. Oktober 1899 in Guatemala-Stadt geboren. Asturias studierte in seinem Heimatland Jura. Nach dem Abschluss gründete er 1922 eine Volkshochschule, die Bildung für die armen Schichten ermöglichen sollte. 1923 ging er nach Europa, um in London eine Studium der Politischen Ökonomie aufzunehmen, das er aber nach wenigen Monaten abbrach. Stattdessen studierte er in Paris bis 1926 Religions- und Völkerkunde an der Sorbonne, insbesondere die präkolumbischen Kulturen Lateinamerikas. 1933 kehrte er nach Guatemala zurück. Nach dem Sturz des Diktators Jorge Ubico 1944 trat er in den Diplomatischen Dienst ein, wurde im folgenden Jahr Kulturattaché an der gualtemaltekischen Botschaft in Mexiko-Stadt, ab 1947 in Argentinien. Er veröffentlichte in dieser Zeit viele Werke, die unter der Diktatur nicht erscheinen konnten. Als 1954 in Guatemala die Regierung des Präsidenten Jacobo Arbenz Guzman durch einen Putsch gestürzt wurde, trat Asturias von seinen Ämtern zurück und ging bis 1962 ins Exil nach Argentinien. Nachdem 1966 wieder freie Wahlen in Guatemala stattgefunden hatten, wurde er wieder Diplomat für sein Land und ging als Botschafter nach Paris. Der guatemaltekische Schriftsteller und Diplomat erhielt 1967 den Nobelpreis für Literatur.
Der Herr Präsident von Miguel Ángel Asturias ist im Rotpunktverlag erschienen.
(JK 12/09)

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