Julio Cortázar: Rayuela (Suhrkamp)

Einer der wichtigsten zeitgenössischen Roman der argentinischen Literatur ist pünktlich zur Buchmesse als Taschenbuch bei Suhrkamp neu erschienen: Julio Cortázar legendärer Roman Rayuela.

Rayuela wird sogar als der bedeutendste argentinische Roman, als ein Meilenstein der Literatur bezeichnet. Rayuela gilt als das Hauptwerk von Julio Cortázar. Als Komplize kann der Leser dem Weg folgen, den Cortázar ihm spielerisch durch den Roman bahnt, und seinen Protagonisten Horacio Oliveira von Paris nach Buenos Aires begleiten.

Rayuela ist der Name eines Kinderspiels, das in Deutschland als „Himmel und Hölle“ bekannt ist, bei dem Steinchen über die auf dem Boden aufgemalten Felder geschoben werden. Ein Bausteinsystem hat auch Cortázar geschaffen, das es ermöglicht die Kapitel in unterschiedlicher, vorgegebener Reihenfolge zu lesen und dadurch jeweils die Geschichte anders zu erleben. Dieses einzigartige ausgeklügelte System ist das Geheimnis und Erfolgsrezept dieses Buches. Cortázar erklärt das wie folgt: "Das erste Buch lässt sich in der üblichen Weise lesen. Es endet mit dem Kapitel 56, unter dem sich drei auffällige Sternchen befinden, die gleichbedeutend sind mit dem Wort Ende. Folglich kann der Leser auf das verzichten, was folgt. Das zweite Buch lässt sich so lesen, dass man mit dem Kapitel 73 anfängt und dann in der Reihenfolge weitermacht, die am Fuß eines jeden Kapitels angegeben wird." Entscheidet sich der Leser für diesen zweiten Weg, so lässt er sich auf das Sprunghafte eines Himmel-und-Hölle-Spiels ein, auf ein Hin- und Herblättern im Buch. Das ist jedoch alles andere als einfach wegzulesen sondern ein anspruchsvolles Unterfangen.

Cortázar hat sein Buch in drei Teile gegliedert: „Vom anderen Ufer“, „Vom hiesigen Ufer“ und „Von anderen Ufern“. „Vom anderen Ufer“ meint das Ufer der Seine in Paris, wo die Handlung in den 50er Jahren unter einer Gruppe intellektueller Lebenskünstler spielt mit Alkohol, Jazz und Literatur. Im Mittelpunkt steht der Argentinier Horacio Oliveira und seine Freundin La Maga. Als die Beziehung zu Ende geht und die Gruppe sich auflöst, kehrt Horacio nach Buenos Aires zurück, wo der zweite Teil einsetzt „Vom hiesigen Ufer“. In Buenos Aires trifft er auf seinen Jugendfreund Traveler und glaubt, in dessen Frau Talita Maga wiederzuerkennen. Er gleitet immer mehr in seine Fantasiewelt ab und landet im Irrenhaus, wo die Patienten im Hof „Himmel und Hölle“ spielen. Der dritte Teil des Buchs „Von anderen Ufern“ umfasst die Kapitel der zweiten Lesevariante. Diese beinhalten Aufzeichnungen eines in die Jahre gekommen Schriftstellers namens Morelli, dessen Werke damals in Paris von der Gruppe gelesen wurden.

Julio Cortázar wurde am 26. August 1914 in Brüssel geboren. Mit seinen argentinischen Eltern zog er im Alter von vier Jahren in einen Vorort von Buenos Aires. Er absolvierte dort an einer sogenannten „Escuela Normal“ eine Ausbildung zum Grundschullehrer und nahm ein Universitätsstudium auf, das er aber er aus finanziellen Schwierigkeiten frühzeitig abbrechen musste. Er arbeitete dann als Lehrer in verschiedenen Provinzschulen und begann in dieser Zeit, sich ernsthaft dem Schreiben zuzuwenden. 1938 erschien ein erster Gedichtband, und 1944 veröffentlichte er seine erste Erzählung in einer Zeitschrift. Im selben Jahr erhielt er an der Universität von Mendoza (Argentinien) eine Dozentur für französische Literatur, aber schon 1946, aus Protest gegen den Wahlsieg Peróns, legte er sein Lehramt nieder. Er veröffentlichte weiter in Zeitschriften, ließ sich zum Übersetzer für Englisch und Französisch ausbilden und erhielt 1951 ein Stipendium des französischen Staates. Er ging nach Paris, wo er bis 1974 als Übersetzer für die UNESCO tätig war. In Paris verfasste er 1963 auch den Roman Rayuela, der in den sechziger Jahren zum „Kultbuch“ einer ganzen Generation von Intellektuellen und Studenten wurde. Seit Mitte der sechziger Jahre erschienen erste Übersetzungen seiner Erzählungen ins Englische, Französische, Italienische und Deutsche, und sein internationaler Ruf begann stetig zu wachsen. Es sind vor allem seine Erzählungen, die Cortázar bald zu einem der originellsten und kreativsten Autoren Lateinamerikas machten.

Seit den sechziger Jahren engagierte sich Cortázar, wie viele lateinamerikanische Intellektuelle, zunehmend politisch, unterstützte die kubanische Revolution, die Regierung Allendes und später auch die sandinistische Revolution in Nicaragua.

Sein Gesamtwerk umfasst außer Romanen und Erzählungen auch Theaterstücke, Lyrik und verschiedene Bände mit Kurzprosa; es weist ihn als einen der bedeutendsten Autoren des 20. Jahrhunderts aus.

Julio Cortázar starb am 12. Februar 1984 in Paris.

Rayuela von Julio Cortázar ist bei Suhrkamp erschienen.
(JK 10/10)

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