Von dem in Kanada lebenden Autor Yann Martel ist sein neues Buch Ein Hemd des 20. Jahrhunderts bei Fischer erschienen. Das Hemd, das Martel meint, hat Streifen – breite Streifen – und wurde in Lagern getragen.
Henry T., ein ehemals erfolgreicher Schriftsteller, bekommt eines Tages einen Brief von einem Leser, der ihn sehr neugierig macht. Die Suche nach jenem führt Henry zur Tierpräparation „Okapi“ und ihrem Besitzer. Der zeigt ihm Szenen eines ungewöhnlichen Theaterstückes, das er gerade schreibt. Es handelt vom „Schrecken“. Doch was ist der „Schrecken“, was geschieht da, und wie können wir Erlebnisse benennen, die sich in ihrer Grausamkeit jeglicher Sprache entziehen?
Yann Martel hat ein komplexes und schwieriges Thema in Angriff genommen. Zehn Jahre nach seinem Erfolgsroman Schiffbruch mit Tiger versucht er die Schrecken des Holocausts zu verarbeiten. Yann Martel will begreiflich machen, dass es mitunter Dinge gibt, die sich gar nicht oder nur äußerst mühsam in Worte kleiden lassen. In seinem Roman scheitert der Protagonist genau daran. Yann Martel hingegen schafft es aber mit seinem Buch genau das auszulösen, was sein Held im Buch nicht schafft. Der Leser wird handstreichartig überrumpelt und steht am Ende betroffen dar von dem Schrecken, der nicht in Worte auszudrücken ist. Yann Martels Buch ist ein ein Plädoyer für die Menschlichkeit, gegen die Barbarei der Diktatur und den alles Menschliche unterdrückenden Faschismus, zu jeder Zeit und an jedem Ort. Es ist ein poetisches wie grauenerregendes Plädoyer für Menschenwürde und Toleranz.
Yann Martel wurde 1963 in Spanien geboren. Seine Eltern sind Diplomaten. Er wuchs in Costa Rica, Frankreich, Mexiko, Alaska und Kanada auf und lebte später im Iran, in der Türkei und in Indien. Sein dritter Roman Schiffbruch mit Tiger war nominiert für den Governor General Award und den Commonwealth Writers Prize und gewann den Booker Prize 2002. Yann Martel lebt mit seiner Familie im kanadischen Saskatchewan.
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