Brasilien
– Ehrengast 2013 der Frankfurter Buchmesse
Auf den ersten Blick ist das Leben der jungen
Virgínia unauffällig: Nach ihrer Kindheit auf dem Landsitz ihrer Großmutter
führt ihr Weg sie in die Stadt, und erst nach Jahren kehrt Virgínia wieder nach
Hause zurück. Geprägt von ungewöhnlichen Kinderspielen mit ihrem Bruder Daniel,
der mit ihr die mysteriöse »Gesellschaft der Schatten« gründet, führt Virgínia
selbst ein Schattendasein, das im Widerspruch zu ihrem aufgewühlten Innenleben
steht. Obwohl sie Beziehungen eingeht, bleibt sie einsam, unabhängig und in
sich gekehrt. Doch während sie sich in Gedanken eine eigene Welt erschafft,
dringen wiederholt seltsame Dialogfetzen oder flüchtige Szenen in ihr
Bewusstsein – als Vorboten des Schocks, der
ihrem Leben schließlich eine überraschende Wendung gibt.
Mit dieser wagemutigen, konsequenten Erforschung
eines weiblichen Bewusstseins eröffnet Clarice Lispector in ihrem 1946
erschienenen zweiten Roman der lateinamerikanischen Literatur neue Wege und
entfaltet diesen unerhörten sprachlichen Reichtum, für den sie weltberühmt
wurde.
Clarice Lispector wurde 1920 in der Ukraine geboren,
gelangte mit ihrer Familie auf der Flucht vor Pogromen in den ländlichen Norden
Brasiliens und lebte später in Rio de Janeiro. Aus ärmlichen Verhältnissen
stammend, studierte sie Jura und begann eine Karriere als Journalistin. Im
Alter von dreiundzwanzig Jahren wurde sie Schriftstellerin. Sie schrieb Romane,
Erzählungen, Kinderbücher sowie literarische Kolumnen und wurde für ihr Werk
vielfach ausgezeichnet. Sie starb 1977.
Der Lüster von Clarice Lispector ist bei Schöffling erschienen.
(JK 10/13)
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