James Franco: Manifest der anonymen Schauspieler (Eichborn)

„Hinterhältig lustig und provozierend ehrlich“, urteilt Schriftsteller Gary Shteyngart über den Roman, der eigentlich keiner ist, Manifest der anonymen Schauspieler des amerikanischen Schauspielers und Künstlers James Franco, der bei Eichborn erschienen ist.

Sind wir nicht alle immer auch Schauspieler unseres eigenen Lebensdramas? Schlüpfen  wir nicht ständig in die verschiedensten Rollen? Hinter tausend Masken kein Gesicht?

Einer der spannendsten und vielseitigsten Profi-Schauspieler lässt uns an den Höhepunkten und Verwerfungen dieser Kunst teilhaben. Abgründig und humorvoll, derb und schonungslos versammelt Franco die größten Schauspieler der Vergangenheit und die schrillsten der Gegenwart zum fröhlichen Stelldichein: von Jean-Paul Belmondo und Steve McQueen zu Meryl Streep, Cate Blanchett oder Lindsay Lohan. Und weil das Schauspielen eine Sucht sein kann, benutzt er für seinen Roman das Konzept der „12 Schritte“ und „12 Traditionen“ der Anonymen Alkoholiker.

James Franco ist eine Person, die polarisiert und polarisieren will. In einem Artikel für das Wall Street Journal zu seinen Rollen erklärte er, dass jeder Zuschauer einen Schauspieler sieht, den man kennt, aber man sieht gleichzeitig eine reale Person in einer erfundenen Welt. Und wenn das gelingt, kann das sehr seltsam werden. Und abschließend fragt er, ob man das dann Kunst nennen kann? Das ist typisch für James Franco und unterscheidet ihn fundamental von seinen Kollegen in Hollywood. Er ist bekannt als der Superstar, der sich bewusst in Grenzbereiche begibt. Er ist darüber hinaus bildender Künstler und Regisseur und wahrscheinlich der einzige Film-Superstar jenseits der 400 Millionen Dollar Marke, in dessen englischen Wikipedia-Eintrag das Kapitel „Education“ neunmal länger ist als sein Kapitel „Personal Life“.

James Francos Buch wird als Roman bezeichnet, ist aber eigentlich eine Sammlung von Skizzen und Kurzgeschichten mit einigen abnormen Themen hier und da eingestreut. Es gibt berührende Geschichten, in der Regel über Verlierer, Süchtige oder aufstrebende Schauspieler. Es gibt auch Briefe und Memos und E-Mails geschrieben von Franco an verschiedenen seiner betriebsamen Lebensstationen. Fans werden sein Buch daraufhin absuchen, wo er darin über sich und sein Leben schreiben könnte. Und das ist gleichzeitig das Verhängnisvolle an diesem Buch, denn die fiktionalen Abschnitte sind überaus gut, entschieden besser als alles, was er in seiner Kurzgeschichtensammlung Palo Alto 2012 veröffentlicht hatte. Manchmal möchte man allerdings dem Autor zurufen, sich selber aus dem Roman herauszuhalten, wenn nach guten und eindringlichen Szenen der Autor als James Franco das Wort ergreift.

James Franco, 1978 im kalifornischen Palo Alto geboren, ist Schauspieler, Regisseur, Filmproduzent, Maler, Performancekünstler und Schriftsteller. International bekannt wurde er als Harry Osborn in Spider-Man und als Liebhaber von Sean Penn in Gus van Sants Film Milk aus dem Jahr 2008. 2010 war er als Beat-Legende Allen Ginsberg in Howl und an der Seite von Julia Roberts in Eat Pray Love zu sehen. 2011 wurde er für die Rolle des Bergsteigers Aron Ralston in Danny Boyles 127 Hours für den Oscar als bester Hauptdarsteller nominiert.

Manifest der anonymen Schauspieler
von James Franco ist bei Eichborn erschienen.
(JK 07/14)

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