Herman Koch: Der Graben (Kiepenheuer & Witsch)

Wem kannst du trauen, wenn du dir selbst nicht traust? Das ist die Frage im neuen Roman Der Graben des niederländischen Autors Herman Koch, der bei Kiepenheuer & Witsch erschienen ist.

Als Robert Walter, der beliebte Bürgermeister von Amsterdam, auf einem Neujahrsempfang seine Frau dabei beobachtet, wie sie sich angeregt mit seinem Erzfeind und politischen Gegner unterhält, ist ihm sofort klar: Die beiden müssen ein Verhältnis haben. Auch in seinem weiterem Umfeld tun sich plötzlich Abgründe auf, wobei sich nicht sicher sagen lässt, was real ist und was seiner eigenen Phantasie entspringt.

Robert Walter ist ein erfolgreicher Mann. Er ist Bürgermeister von Amsterdam beliebt, jovial und volksnah. Er ist mit einer Südländerin verheiratet, die beiden haben eine fast erwachsene Tochter. Aber Robert Walter traut dem Glück nicht. Vielleicht trügt ja der schöne Schein? Vielleicht hat Gattin Sylvia eine Affäre? Ausgerechnet mit seinem Konkurrenten, dem sterbenslangweiligen Maarten van Hoogstraten? Robert kann es nicht lassen, immer wieder kreisen seine Gedanken um diese Frage. Jedes noch so kleine Detail im Verhalten seiner Frau und des angeblichen Nebenbuhlers wird geradezu manisch begutachtet und interpretiert. Auch sonst läuft es nicht gerade rund für Robert: Seine hochbetagten Eltern kündigen an, trotz guter Gesundheit selbstbestimmt aus dem Leben zu scheiden, eine Journalistin wühlt in Roberts Vergangenheit und fördert Skandalöses zutage.

Von politischen Verstrickungen über Eifersucht und Misstrauen bis hin zu Sterbe-Hilfe: Bestseller-Autor Herman Koch lässt in seinem neuen Roman kein aktuelles Thema, kein gesellschaftliches Tabu aus. Mit scharfem Blick und bissigem Humor zeichnet Herman Koch in seinem neuen Roman das Bild eines Getriebenen, der nicht eher ruht, bis er den Ast, auf dem er sitzt, auch wirklich durchgesägt hat.

Die Romane von Herman Koch besitzen Suchtgefahr. Kaum ein Autor wagt sich so gekonnt an Tabus heran. Nach und nach entblößt er immer mehr, was eigentlich unter einer dicken Schale verborgen liegt. Gnadenlos entlarvt er Doppelmoral, seziert die groteske Situation und während man atemlos der Geschichte folgt, merkt man verblüfft, dass man gleichzeitig amüsant unterhalten wird.

Herman Koch, geboren 1953 in Arnhem, hatte seinen internationalen Durchbruch mit seinem Roman Angerichtet (2010), der in 37 Sprachen übersetzt wurde und in vielen Ländern auf der Bestsellerliste stand, auf der SPIEGEL-Bestsellerliste genauso wie in den Top Ten der New York Times. Angerichtet wurde unter dem Titel The Dinner mit Richard Gere und Laura Linney fürs Kino verfilmt.

Der Graben von Herman Koch ist bei Kiepenheuer & Witsch erschienen.
(JK 04/18)

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